Bemerkenswerte Apfelreaktion

Blöder Beitragstitel, ne? Aber eigentlich trifft er’s. Denn bei dem Buch von Uschi Constanze David, »Brand der Liebe« betitelt, in dem es nicht nur um Liebe, sondern auch um Spannung und Drama geht, war eine Reaktion vom Markt – vom Buchmarkt, genauer vom E-Book-Markt – bemerkenswert. Die Reaktion von Apple iBooks auf das E-Book des Werkes mündete in einem Ticket bei meinem E-Book-Partner Bookwire. Die Beanstandung war zwar englisch, aber eindeutig:

»This cover art contains prohibited explicit or objectionable content that isn’t accepted on iBooks. Review this book and remove or replace the prohibited explicit or objectionable content, which includes but isn’t limited to: – Photographs of penetrative sex, oral/genital contact, or genitals. – Photographic content intended for the sole purpose of sexual arousal. This issue was identified by Apple. No automation was used in the detection of the issue or the removal of the content.«

Dass die Amis in Bezug auf jegliche Form von Sexualität in Abbildungen und gerne auch Texten eine besonders dumme Linie verfolgen (die möglicherweise auf die Einflüsse der Amish oder anderer Sekten auf die amerikanische Politik zurückzuführen sind; obwohl ich speziell den Amish damit vermutlich Unrecht tue …), ist bekannt. Kaum jemand von uns hat Janet Jacksons Nippel wirklich zu sehen bekommen, aber die meisten von uns können mit dem Begriff »Nipplegate« etwas anfangen. Diese Form amerikanischer Heuchelei kann als die Definition des Begriffs Heuchelei hergenommen werden. Denn Apple iBooks verkennt in diesem speziellen Fall natürlich die klassische Darstellung des Titelbildes – das übrigens von Norbert Pielsticker, einem bekannten Bildhauer und Künstler stammt –, das in den Traditionen alter, klassischer Maler gehalten ist. Dieses Titelbild könnte durchaus aus früheren Zeiten stammen. Ich würde es ohne besondere Kunstkenntnisse ins anfängliche 20. Jahrhundert, die Zwanziger einordnen; auf jeden Fall wirkt es auf mich persönlich als alte, nein, klassische Kunst, nichts Neumodisches, Modernes – und schon gar nicht etwas Anstößiges.

Der eigentliche Witz ist, dass Apple iBooks am Ende der Geschichte sein Ticket, das sie bei Bookwire aufgemacht haben, selbst zurückgezogen haben. Aufgrund welcher Erkenntnis auch immer.

David, Uschi Constanze, BRAND DER LIEBE

Ein Buch für Erbsenzähler

Gut. Das ist mein privater Blog. Ich hätte eigentlich »Ameisenficker« im Titel schreiben wollen. Aber das wäre dann am Ende für diverse Internetportale zu viel des Guten. Heutzutage darf man ja nicht mal mehr die norddeutsche Erkenntnis propagieren, dass Bienenschiet auch Honig ist …

Zur Sache: Die lange Entstehungsgeschichte dieses Buches bzw. seiner drei Geschichten muss Dieter Rieken, der Autor, selbst erzählen. Und er wird wohl jedenfalls in Augsburg auf seinen geplanten Lesungen Gelegenheit dazu haben (und wenn er klug ist, wird er sie auch nutzen).
Dass mir die Geschichten gefallen haben und gefallen, muss ich nicht erwähnen. Ich verlege keine Bücher, die mir nicht gefallen. Das ist ganz simple Politik.
Mein Problem sind die Erbsenzähler. Das Buch war noch nicht einmal richtig auf dem Markt, da gab es schon die ersten klugen Menschen, die meinten, sie müssten ihre sprachlichen Exkremente … äh, Erkenntnisse zum Besten geben. Dass nämlich der Titel grammatikalisch falsch sei. Es müsse »… als du …« heißen, nicht »… wie du …«.
Meine Erkenntnis daraus ist simpel. Die meisten Menschen, die glauben, der deutschen Sprache mächtig zu sein, sind dumm. Sie wissen nicht mehr, dass sie sich selbst im alltäglichen Sprachverkehr eines Werkzeugs bedienen, das sich Umgangssprache nennt. Und sie erkennen auch nicht, dass ihr eigenes gesprochenes – wie bisweilen auch geschriebenes – Deutsch kaum mehr erfüllt als den Tatbestand des Umgangssprachlichen. Darüber hinaus ist offensichtlich die Bedeutung von Anführungszeichen als Kennzeichnung eines Zitats völlig verloren gegangen; aber wehe, ein Autor wagt es, eine Geschichte mit wörtlicher Rede ohne An- und Abführungszeichen zu schreiben oder gar zu veröffentlichen.
Und als Krone der geistigen Tiefflüge solcher Erbsenzähler entpuppt sich dann auch noch, dass heutzutage offensichtlich von einem Titel erwartet wird, dass er bereits die ganze Geschichte so darlegt, dass in diesem Falle klar würde, dass der Titel im Laufe der Geschichte nicht nur erwähnt, sondern auch erklärt wird. Und das in einem Lande, in dem man sich nicht entblödet, einem englischen Original einen neuen denglischen Titel zu verpassen – und es ist gleichgültig, ob es sich hierbei um Film, TV-Stück, Buch oder was auch immer handelt; selbst in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie ist man ja nicht mal mehr ansatzweise der deutschen Sprache fähig.
Am Ende sahen wir – Dieter als Autor und ich als Verleger – uns veranlasst, in den fürs Internet bestimmten Werbetext einen Hinweis einzubauen: »Der schräge Titel ist übrigens ein Zitat. Umgangssprache. Der vermeintliche Fehler erklärt sich bei der Lektüre.« Das Jämmerliche daran ist nicht der »vermeintliche Fehler«, sondern die Reaktion des (potenziellen) Publikums auf diesen Titel.

Ich hatte Dieter Rieken Probleme mit dem Titel prophezeit. Aber heute bin ich mit ihm einer Meinung, dass der Titel dieses Buches richtig ist. Und wer nicht in der Lage ist, mit einem »vermeintlichen Grammatikfehler« klarzukommen und sich auf eine literarisch durchaus abenteuerliche Lesereise einzulassen, der soll halt weiter sein Warsteiner saufen und hinterher Schädelweh haben … (Und nein, den letzten Teilsatz erkläre ich nicht. Wer weiß, woher dieser – ein Zitat! – stammt, darf sich als geadelt betrachten.)

Rieken, Dieter,

»Das Stoffuniversum« beim SERAPH 2024

Schon Ende Januar wurde die Nominiertenliste für den SERAPH 2024 veröffentlicht (siehe hier). Und wieder hat sich ein p.machinery-Titel platziert, nämlich »Das Stoffuniversum« von Ralph Alexander Neumüller. Das ist in allerhöchstem Maße erfreulich – und dem Autor werden alle verfügbaren Daumen gedrückt.

Neumüller, Ralph Alexander, DAS STOFFUNIVERSUM

 

Tiny Stricker im Radio Lora

»Lora« steht für »Lokalradio« und das ist ein Münchner Lokalsender, der auf 92,4 kHz UKW zu empfangen ist – und im Internet. Tiny Stricker las dort am 16.02. aus seinem neuen Roman »Hotel Amir Kabir oder Die Wege der Hippies« und sprach über sein Schreiben und die Themen des Buchs. Die Sendung wurde von Wolfram Hirche moderiert (auch bekannt aus der p.machinery-Buchpalette). Passend zu den Texten wurden Musikstücke von Canned Heat, den Beatles, Ravi Shankar etc. gespielt. Die Sendung war in Süddeutschland über die Wellenlänge 92,4 UKW und digital über die Webseite von Radio Lora zu empfangen. Erfreulicherweise steht die Aufzeichnung nun auch hier zur Verfügung:

 

Stricker, Tiny, HOTEL AMIR KABIR

 

Der Stricker auf der Hörbahn-Bühne

Was wäre Münchens Kulturszene ohne Tiny Stricker?
Nix.
Gar nix.
Kann man bestreiten. Kann man aber auch lassen.
Jedenfalls liest und spricht er wieder über sein aktuelles Buch »Hotel Amir Kabir«, einmal mehr mit Uwe Kullnick auf der Hörbahn-Bühne: hier.

Stricker, Tiny, HOTEL AMIR KABIR

 

Neue Ausschreibungen in der p.machinery

Es gibt zwei neue Ausschreibungen in der p.machinery. Die erste ist »p.ray – 20 Jahre p.machinery« betitelt und wird als AndroSF 200 zum 20jährigen Jubiläum des Verlages erscheinen – teilnehmende Autoren mit ihren Geschichten vorausgesetzt. Die Ausschreibung richtet sich an Science-Fiction-Autoren. Keine Fantasy, kein Horror, nichts als Science-Fiction. Alle Details finden sich unter https://www.pmachinery.de/archive/11194.

Die zweite Ausschreibung heißt »Let’s Tango« und wird als Band 21 der Literaturzeitschrift HALLER veröffentlicht werden. Hier gibt es vom Genre her keine Einschränkungen, aber das Thema »Tango« wirkt von sich aus als solche, ist anzunehmen. Alle Details hierzu finden sich unter https://haller.pmachinery.de/wordpress/archive/1017.

Angeblich lästerlich

Angeblich hat sich irgendwann schon mal jemand lästerlich darüber geäußert, welch umfangreiche Plätze die Werke von Jörg und Karla Weigand im Programm meiner p.machinery einnehmen. Jörg, der nicht nur als Autor, sondern auch als Herausgeber, beinahe täglicher Anrufer, Föhr-Urlauber und reichhaltiger Ideengeber, seinen Einfluss geltend macht, und dem ich zu verdanken habe, eine Autorin wie Karla Weigand im Programm zu haben, die selbst thematisch und genretechnisch eine große Bandbreite zu präsentieren hat.
Andere Verlage machen das auch. Jeder Verlag hat so seine Stammautoren – und wenn noch nicht, dann wünscht er sich welche und arbeitet dran. Und niemand meckert darüber. Na gut, bei meiner p.machinery wird auch nicht gemeckert. Der eingangs erwähnte Lästerer war ein Einzelfall.
Und bei Karla Weigands Werken gibt es eh nix zu meckern. Es sei denn, man hat einen ganz anderen Genregeschmack, sodass die, die sie bedient, nicht passen: Fantastik, SF, auch historische Romane (und vor allem die) sind ihr Metier. Krimis gab es auch (nur noch nicht in der p.machinery, die hat’s nicht so mit Krimis) und Gespenstergeschichten wohl auch (da ist auf das Programm des Kelter-Verlages zu verweisen).
Wie auch immer: In der p.machinery hat Karla Weigand ihren Platz. Und mit »Die böse Frau« legt sie mal eine Kurz- und Kürzestgeschichtensammlung vor, die nicht nur, aber vor allem ihre Veröffentlichungen in den Miniaturen der Phantastischen Bibliothek Wetzlar zusammenfasst. Es ist nicht die erste Sammlung dieser Art – aber eine weitere sehr gelungene –, aber auch ein weiterer Stein zum Gebäude meiner Idee, mich eines Tages, wenn Thomas Le Blanc das Ruder der Phantastischen Bibliothek aus der Hand gegeben haben wird, als Verlag für die Bibliothek zu bewerben, denn das kann der Laden brauchen. Die Miniaturen der Bibliothek quasi unvermarktet zu belassen, ist letztlich kein Zustand. Keiner, den ich hinnehmen würde, wenn ich könnte.
Aber bis dahin bleibt es erst mal bei Sammlungen wie der aktuellen von Karla Weigand …

Weigand, Karla, DIE BÖSE FRAU

Bargeschichtenuniversum

Natürlich freue ich mich, wenn eines oder gerne auch mehrere Bücher meiner p.machinery richtigen Erfolg haben. Immer wieder ist ein Titel dabei, der mich positiv überrascht. Und es gibt zwei, drei Autoren, die quasi ein Garant für nette Umsatz- und Absatzzahlen sind.
Peter Kiefer gehört nicht dazu. Leider. Denn ich finde, dass sein Geschichtenwerk völlig zu unrecht ignoriert wird, sein Schreiben völlig unnötigerweise ignoriert wird. Naja, nicht ignoriert. Aber eben unterbewertet ist.
Seine Geschichten haben besonderes Flair. Sie sind unterschwellig humorvoll, in einer Art und Weise, die einen heimlich schmunzeln lässt, die für ein kleines Gnicheln wie hinter vorgehaltener Hand geeignet sind. Seine Geschichtenuniversen sind eigenständig und doch erkennbar real … nein, realistisch.
Auch in »Dantes Bar« sind das wieder solche Geschichten. Es sind keine Bargeschichten, in denen die Bar als zentraler Handlungsort dient, aber sie hat immer was mit der Handlung zu tun – ebenso wie Dante, ihr Wirt –, sie wirkt wie ein Keim, an dem sich die Geschichte aufbaut. Irgendwo mitten drin sind Bar und Wirt immer erkennbar, aber das, worum es geht, ist viel mehr.
Zum Glück muss mich nicht interessieren, ob solche Bücher großen Erfolg haben, auch wenn ich ihn mir gerade für Peter Kiefers Werk wünschen würde. Zu seinem, meinem, unseren Pech gibt es für solche kleinen Geschichtenjuwelen keine Literaturpreise, bei denen sein Werk echte Chancen hätte – und sei es nur, einmal auf einer Nominierungsliste zu erscheinen. Es ist traurig.
Aber am Ende stelle ich mir gerne die Frage, wer denn eigentlich das Problem hat. Peter Kiefer nicht, der hat sein Buch. Ich auch nicht, ich habe auch sein Buch. Das echte Problem hat der Leser, der das Buch nicht kauft und nicht liest und deshalb genauso dumm sterben wird, wie seine Entscheidung, das Kiefersche Werk zu ignorieren, bodenlos dumm und dämlich ist. Und sein wird.

Kiefer, Peter, DANTES BAR