[Kim] Heute vor 12 Jahren

Ja, heute vor 12 Jahren, am 28.05.2011, haben wir Kim in Odelzhausen bei München aus einem kleinen Tierheim geholt. Auf dem Foto war sie noch nicht einmal in Deutschland. Wenn ich mich recht entsinne, war sie gerade am Vortag, am 27.05., mit dem Transporter aus Ungarn gekommen. Und da hieß sie auch noch Gigi – ein Name, den wir nie benutzt haben. Bei uns hieß sie von Anfang an Kim.

P.S.: Und vor vier Monaten und drei Tagen haben wir sie gehen lassen …

Keine anderen Helden

Nun hat auch sie diese Welt verlassen: Tina Turner. Gestern abend schon kam die Meldung, auf NDRinfo habe ich es soeben gehört. Mehr dazu: hier. — Ich war nie ein beinharter Fan ihrer Musik, aber sie war allgegenwärtig und gehörte zum Alltag. Und auch wenn ich gar nicht mehr viel Musik höre — die meisten ihrer Lieder sind immer noch im Ohr. — R.I.P., Tina. Und wenn du Ike triffst … vertragt euch …

Sechsundneunzig

Wir schreiben den 14. Mai 2023 und heute hätte Herbert W. Franke, SF-Autor und Multitalent in vielen Themenbereichen, seinen 96. Geburtstag gefeiert. Nachdem er unsere Welt verlassen musste, kann er das nicht mehr — aber wir können den Geburtstag feiern und nicht nur seiner gedenken, sondern uns auch an sein Werk erinnern.

Susanne Päch hat eine Liste anstehender Events der »art meets science-Stiftung Herbert W. Franke« veröffentlicht — man kann sie hier nachlesen — und schreibt einleitend:

Herbert W. Franke, 2022 im Alter von 95 Jahren gestorben, war ein Pionier des Brückenschlages von Wissenschaft und Kunst. Der promovierte theoretische Physiker hat seit den fünfziger Jahren als freischaffender Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler ein umfangsreiches Oeuvre geschaffen. Er war Wegbereiter der deutschen Nachkriegs-Science Fiction, gilt weltweit als Pionier der Computerkunst, hat 1952 im Bereich der Höhlenforschung die C14-Methode zur Altersbestimmung entdeckt und in der Folge zahlreiche wichtige wissenschaftliche Beiträge zur Sinter-Datierung und -Chronologie geleistet.

Die p.machinery feiert mit. Nicht nur mit der »SF-Werkausgabe Herbert W. Franke«, sondern heute nachmittag auch mit einem Gläschen alkoholfreiem Sekt. Herbert, wo auch immer du jetzt bist – wir sind in Gedanken bei dir.

AndroSF – die SF-Werkausgabe Herbert W. Franke

[Kim] DORNs »The Way Back Home«

Kim, Weihnachten 2012

Natürlich wird sie den Heimweg nicht mehr finden. Aber darum geht es auch nicht in dem Lied von DORN (siehe hier). Und dennoch …

It is hurting that you have to go (…)
I’m sorry that you couldn’t stay, (…)

Oh i miss you more than words can say (…)

DORN - The Way Back Home

Durchschlagend

Weil ich die Folgen »Criminal Intent« auf Vox schon kannte, habe ich auf RTL umgeschaltet. Dort gab es »Enzo und die wundersame Welt der Menschen« (The Art of Racing in the Rain, USA 2019, https://www.imdb.com/title/tt1478839), ein Film um einen Golden Retriever, der die Legende glaubt, er könne als Mensch wiedergeboren werden, wenn er bereit dazu sei. Ein Film mit einer wundervollen Amanda Seyfried und einem wunderschönen Golden Retriever. Ein Film, den ich mir nicht anschauen konnte …

The Art of Racing in the Rain | Official Trailer [HD] | 20th Century FOX

Herrchen ist unterwegs. Frauchen geht es schlecht. Sie nimmt ihre Tochter und geht zu den Großeltern. Enzo bleibt zurück. Tagelang. Er beginnt zu halluzinieren und zerlegt die Stofftiersammlung der Tochter. Als die Familie zurückkehrt, wird Enzo gemaßregelt. Er versteht die Welt nicht, denkt, eines der Stofftiere hätte die anderen getötet …

An der Stelle bin ich ausgestiegen. Ich stelle immer häufiger fest, dass ich Filme – nicht einmal TV-Dokumentationen wie die »Die Tierärzte – Retter mit Herz« (freitags auf NDR 3) – mit Hunden nicht mehr anschauen kann, ohne dass die Erinnerungen an Kim wüst und sehr heftig durchschlagen.

Und es sind vor allem auch die Erinnerungen daran, wie oft man selbst zu seinem eigenen, geliebten Tier ungerecht gewesen ist …

[Susi] Tag 1, Klarstellung

Hätte die Videodatei keine eindeutigen Daten, würde ich nicht glauben, dass diese Aufnahme vom ersten Tag stammt, den Susi bei uns war:

So schüchtern und schreckhaft sie ganz am Anfang noch war — schüchtern ist sie nicht mehr, schreckhaft manchmal immer noch –, so hat sie doch eines klargemacht: „Hier wird gewohnt, wie ich das will!“ :) [Wobei festzuhalten ist, dass Susi kein Hund ist, der die Wohnung umdekoriert.]

Montag

Was wir als Bewohner der sogenannten westlichen Welt und wenigstens latent Angehöriger des sogenannten christlichen Glaubens von Montagen zu halten haben, wissen wir.
Ich auch.

Es fing damit an, dass Frauchen den ersten Gassigang machen wollte. Huch. Ich war geistig schon so gut wie unterwegs, da kommt sie mit dieser seltsamen Idee. Aber gut. Mehr Zeit für den Einkauf.
Erst wollte ich zum Edeka in Dreimühlen, dann fuhr ich doch zur Famila. Ob das gut war? Chicoree gab’s immer noch nicht, getrocknete Pfifferlinge auch nicht. An der Kasse dann der Beweis für die Montagsabergläubigkeit: Ich stelle aus dem Kasten eine einzelne Flasche Flens frei auf das Band – und die Flasche platzt. Einfach so. Der Rest geht dann gut.
Im Edeka in Dreimühlen gab’s auch keinen Chicoree, keine drüschen Pfifferlinge.
Auf dem Heimweg stelle ich dann fest, dass mein Finger blutet. Der Stinkefinger links. Offensichtlich habe ich mich an der Flasche verletzt. Auf der Suche nach einem Tempotaschentuch entdecke ich die allererste Corona-Maske. Ganz offensichtlich gebraucht. Die war noch handgenäht, damals gab’s ja nicht gleich von Anfang die FFP2-Masken in Apotheken und Supermärkten. Die allererste Corona-Maske stammte aus dem Geschenkeladen auf der anderen Seite der Hauptstraße hier in Winnert. Das waren noch Zeiten :)

Montag also. Schaun wir, wie er weitergeht.

[Kim] Der Anfang II

Kim soll ihre ersten anderthalb Jahre auf der Straße zugebracht haben. Sie muss mindestens einmal Junge bekommen haben, denn ihr Gesäuge war ausgeprägt (ausgeprägter zum Beispiel, als bei Naomi oder Susi). Der Tierarzt, der sie kastrierte, war vermutlich ein Metzger; kein vernünftiger Veterinär verpasst einer Hündin einen gut zwanzig Zentimeter langen Schnitt.

Und es war auf sie geschossen worden; in ihrem Körper steckten drei Diabolos (das ist Luftgewehrmunition), und einen davon hat sie mit in den Hundehimmel genommen, denn er saß zu nah an der Lunge, um herausoperiert zu werden; allerdings war die Kugel verkapselt, insofern ungefährlich.

Kim hatte ihre Baustellen. Sie mochte es nicht, am Hinterteil angefasst zu werden, jedenfalls anfangs. Von der Diabolo-Operation noch betäubt, nässte sie sich ein. Ich wollte ihr das Hinterteil mit einem Handtuch abtrocken, da schnappte sie im Halbdusel nach mir, erwischte den goldenen Ring meines Vaters und meinen Finger, der natürlich blutete. Ein wenig. Die Spur ihres Zahnes, der den Ring erwischte, ist noch da; ich werde sie auch nicht beseitigen lassen – das ist eine Erinnerung, nicht nur an Kim, sondern auch an meinen eigenen Fehler.

Es war nicht der einzige Fehler, den ich mit ihr machte. Wenn auch der blutigste. Als ich sie einmal auf dem Sofa sitzend in den Arm nehmen wollte, schnappte sie nach meinem Gesicht, erwischte mich aber nicht. Dass sie so reagiert, hätte ich mir denken können. Erst viele, viele Jahre später, 2022, um genau zu sein, ließ sie sich in den Arm nehmen, vor allem beim Tierarzt.

Der Fehler, der mir am intensivsten in Erinnerung bleiben wird, geschah beim Gassi gehen. Keine große Runde, in der Nachbarschaft, mehr nicht. Sie sollte nur noch einmal pieseln. Es regnete, ich hatte einen Schirm in der Hand (danach nie wieder beim Gassigang), in der anderen die Flexileine. Kim pieselte, die Flexileine – bzw. das schwere Gehäuse – rutschte mir aus der Hand, schoss auf den Hund zu, der panisch davon rannte, das verdammte Flexileinengehäuse immer hinter ihr her. Zum Glück blieb sie auf dem Gelände, auf dem wir wohnten, saß dann vor der Tür zum Haus, zitternd, ängstlich – und es gelang mir fast nicht, sie von der Tür wegzuziehen, um diese zu öffnen. Wie es danach weiterging, weiß ich nicht mehr – aber danach verschwand die Flexileine in der Versenkung und kam nie mehr zum Einsatz.

Kim im August 2012; da war sie freilich schon über ein Jahr bei uns.

[Kim] Der Anfang I

Die Erinnerungen verändern sich. Manche verblassen. Manche bleiben einem glasklar in Erinnerung. Und doch können sie täuschen. Ich vertraue ihnen nicht. Nicht immer. Aber die Details sind auch nicht wichtig. Nicht immer.

2011, im Frühjahr. Wir fuhren nach Odelzhausen, ein Ort westlich von München. Dort gab es einen Verein – irgendwas mit »vier Pfoten«; es gibt ihn nicht mehr, er wurde wegen illegalem Welpenhandel dichtgemacht, hieß es –, bei dem wir uns Hunde anschauen wollten. Beim ersten Besuch fanden wir nicht, was wir suchten. Nach den Erfahrungen mit meiner ersten Kim – einem Labrador-Airdale-Terrier-Mix – schwebte mir wieder so etwas vor. Ein Labbimix. Schwarz. Das war ein Muss. Die Hunde, die wir anschauen konnten, passten alle nicht.

Als wir wieder daheim waren, bekamen wir Fotos per E-Mail geschickt. Eine schwarze Hündin namens Gigi.

Kim, 2011. Damals hieß sie noch Gigi, und ihre später fast schwarzen Augen schimmerten braun.

Es war im Grunde sofort klar, dass sie unser Hund werden würde. Und als ich sie zum ersten Mal bei ihrem Namen rief, war klar, dass wir sie nicht Gigi nennen würden. Sie hieß Kim – wie ihre Vorgängerin. Das war ihr Name.

Als wir sie in Odelzhausen abholten, kam sie mir klein, fast ein wenig unscheinbar vor. Sie wirkte schüchtern, nahm ein Leckerli, aber sie wirkte irgendwie … verloren. Im Auto dann lag sie im Fußraum vor Frauchens Füßen und sie rührte sich nicht. An die eigentliche Heimkehr erinnere ich mich nicht mehr.

Die ersten Tage waren der Eingewöhnung gewidmet. Ich erinnere mich nicht daran, dass sie nicht stubenrein gewesen wäre. Aber sie wollte nicht fressen. Ich kniete zehn Minuten lang mit einer gefüllten Schüssel vor ihr und wartete. Aber sie wollte nicht fressen. Erst nach einigen Tagen siegte der Hunger. Und danach kam es nie wieder vor, dass sie nicht fressen wollte. Bis sich das dem Ende zu wieder veränderte, aber da sind wir noch nicht.

An Details aus der Anfangszeit erinnere ich mich nicht. Wir hatten irgendwann einen Pflegehund, einen kleinen Brackenmix, den wir Paula nannten, weil ihr eigentlicher Name Kims Namen zu ähnlich war. Die beiden kamen gut miteinander klar, und nach zwei, drei Wochen verschwand Paula wieder, fand ein neues Zuhause irgendwo am Ammersee.