Herbert W. Franke zum Geburtstag

Herbert W. Franke feiert heute seinen 95. Geburtstag. Ich gratuliere — auch im Namen meiner Mitherausgeber der SF-Werkausgabe, Hans Esselborn und Ulrich Blode, sowie des Grafikkünstlers Thomas Franke — von ganzem Herzen, verbunden mit den besten Wünschen. Nebst einem Video präsentiere ich gerne einen ausführlichen Text des Francisco Carolinum, dem Museum für Fotografie und Medienkunst in Linz: hier.

Herbert W. Franke VISIONÄR

Liebe in Zeiten der Bedrohung

Eine Gastrezension von Jens-Philipp Gründler, einem der Autoren der Literaturzeitschrift HALLER:

Schwarzen Humor beweist die Autorin Corinna Griesbach in ihren Science-Fiction-Kurzgeschichten, die unter dem Titel »Alien Love« in der p.machinery erschienen sind.
Die finale Story des Bandes, »Simons letzte Losung«, endet mit einem Cliffhanger und erweckt bei der Leserschaft den Wunsch, dass sie möglichst bald fortgesetzt werden wird. Simon, dem Alkoholismus frönender Ex-Förster, gerät unfreiwillig in ein Endzeitszenario, welches sich auf dem Planeten Erde oder »dem größten Klo des Universums« abspielt. Dabei bekommt es Simon, ein Spezialist für animalische Hinterlassenschaften im Wald, mit gigantischen Exkrementhaufen zu tun, die offenbar außerirdischen Ursprungs sind.

Wie auch bei den anderen Kurzgeschichten von Corinna Griesbach eröffnet sich den Lesenden ein ganz originärer, von alienesker Schönheit geprägter Kosmos, der einer eigenen Gesetzgebung folgt und einer eigentümlichen Logik gehorcht. Griesbachs immer wieder an Kafka erinnernder Humor macht den Charme von Geschichten wie »Emergency Alert« aus. Hierbei geht es um ein skurriles älteres Ehepaar und den Ich-Erzähler Matthias, Bewohner desselben Mehrfamilienhauses, die während eines Katastrophenalarms im Schutzkeller ausharren.
Die in Griesbachs Storys geschilderten Situationen und Gegebenheiten erweisen sich als hochaktuell und im Angesicht des Ukraine-Krieges als mahnend sowie visionär. Indirekt schwingt bei der Erzähltechnik der 1967 in Marbella, Spanien, geborenen Autorin eine spezifische ethische Haltung mit, die aber niemals dominant, geschweige denn moralinsauer wird. Und dennoch thematisiert Griesbach reale Bedrohungen, wie die kritische Lage der Umwelt und des Klimas, aber auch zukünftige Chancen. Es geht, neben der Schilderung der Ausbeutung des Planeten, um Raumfahrt, Begegnungen mit extraterrestrischem Leben und um die Möglichkeit, einen alternativen Himmelskörper zu bewohnen. Auch wenn Maschinenwesen am Werk sind, dem klassischen Konzept der Familie neuartige Facetten zukommen und die Fortpflanzung technisiert wird, bleibt die Liebe auf manchmal abstrakte Art und Weise romantisch und bedingungslos, alien love eben.

Jens-Philipp Gründler
Aus: Fantasia 987e. Aus der phantastischen Welt der Literatur, EDFC e.V., 2022

Griesbach, Corinna, ALIEN LOVE

Aussterbende Spezies: Der Bindestrich

Ein Beitrag aus dem VDS-Infobrief vom 06.05.2022, dessen Lektüre mir schwere Wasser auf die Mühlen war und ist:

Bindestrich oder nicht Bindestrich

Unter der Überschrift „Sinnisolierende Schreibung unerwünscht“ beklagt Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses Hamburg, in der FAZ den Verfall der Bindestrich-Kultur im öffentlichen Sprachgebrauch. Während im Englischen Namensbestandteile und Zusammenfügungen von Wörtern, die keine neue Einheit bilden, sondern lediglich eine neue Begriffskonstellation erzeugen, einfach nebeneinander gestellt werden („Gas Station“, „National Library“ oder „Franklin Institute“), erforderten solche Kombinationen im Deutschen eine Signalisierung der Verbindung durch einen Bindestrich, was mehr und mehr in Vergessenheit gerate. Der Verfasser leide geradezu unter den „rätselhaften Aneinanderreihungen von Substantiven“ wie „Kinder Portion“, „Zauber Gewürz“ oder „Extra Gedeck“. Auch Universitäten und renommierte Institute setzten sich über die leserfreundliche Bindestrichlösung hinweg bzw. ignorierten sie zunehmend wie „Humboldt Forum“ statt „Humboldt-Forum“, „Erich Kästner-Schule“ statt „Erich-Kästner-Schule“, „Johann Wolfgang von Goethe-Universität“ statt „Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität“ oder sogar die „Oswald-von-Wolkenstein-Gesellschaft“, die sich – obwohl durchweg aus Germanisten bestehend – in ihrem neuen Jahrbuch tatsächlich „Oswald von Wolkenstein Gesellschaft“ nennt. Ein Leserbrief beklagt darüber hinaus, dass zunehmend auch Wörter zu sinnwidrigen oder schwer lesbaren neuen Begriffen zusammengefügt werden wie „Coronaisolation“ statt „Corona-Isolation“ oder „Wasserstoffanlage“ statt „Wasserstoff-Anlage“. (faz.net (Bezahlschranke))

Diesmal am Freitag: VDS-Infobrief vom 06.05.2022

Der neue VDS-Infobrief kam diesmal schon am Freitag. Mit diesem Inhalt:

1. Presseschau
• Bindestrich oder nicht Bindestrich
• Passiv-aggressive Phrasen
• Sprachwandel in Mustern
2. Gendersprache
• Kaskaden von Irrungen
• Umfrage zum Gendern und zu Anglizismen
3. Sprachspiele: Unser Deutsch
• Millionär
4. Kultur
• Familiennamen
• Fest der Sprache
• Nordeuropäische Rhetorik-Meisterschaft in Lübeck
5. Berichte
• Offener Brief an Mönchengladbachs Oberbürgermeister
6. Denglisch
• Anne Vogds Gedanken
• Zwei Sprachen, zwei Farben
7. Soziale Medien
• Pronomen-Frage
8. Termine