Statt Schafen

Es gibt ja in Deutschland alle möglichen Vorschriften. Und Regeln. Und so muss die Wiese hinter unserem Haus mehr oder weniger regelmäßig unterschiedlich genutzt werden, um ihren Status als landwirtschaftliche Fläche zu behalten. Und wo in den letzten Jahren, seit wir hier leben, Schafen waren, sind es diesen Sommer Sonnenblumen.

Angeblich heißt es ja, Sonnenblumen würden ihren Kopf nach dem Stand der Sonne richten. Bei »Wer weiß denn sowas« wurde erklärt, das käme zustande, weil die Pflanze an den Seiten unterschiedlich schnell wachsen würde.
Ich halte das für Blödsinn. Und wenn es doch wahr ist, dann sind die Sonnenblumen, die unser Nachbar hinter unserem Haus gepflanzt hat, kaputt. Denn die drehen sich nirgendwo hin, die glotzen immer in die gleiche Richtung. Beziehungsweise inzwischen vorzugsweise zu Boden (das Foto ist schon ein paar Wochen alt).
Fazit: Man wird verarscht. Entweder von solchen Fernsehsendungen. Oder von Sonnenblumenlieferanten, die Sonnenblumensamen liefern, aus denen kaputte Sonnenblumen entstehen.

Gelb

Das war im Frühling.

Löwenzahn noch und nöcher. Nicht nur auf den Wiesen, auf denen zuletzt Schafe weideten. Immer wieder mal. Eine gelbe Schwemme. Als würde der Löwenzahn dem Raps zeigen wollen, wie er nachher auszusehen hätte.

Und auch vor unserem Haus sah es ja so aus. Im Frühling 2021.
Vielleicht zum letzten Mal. Im Rahmen der Gründung und Eröffnung der Heilpraktikerpraxis von Frau Haitel werden wir Parkplätze benötigen, und wie es aussieht — die Frage nach einer Genehmigung ist noch ungeklärt — wird dafür der Grünstreifen vor unserem Haus verschwinden. Man wird sehen. Immerhin gibt es auch an anderen Stellen in Winnert Platz für Löwenzahn.

Ne Rampe

Alt werden ist nicht schön. Nicht immer. Nicht in jeder Beziehung. Das gilt nicht nur für Menschen. Das gilt auch für Hunde. Aber wenn der Hund einen guten Menschen hat, hat er es ein wenig einfacher, als wenn er allein wäre.

Von diesen Rampen — eine echte Sonderfertigung, kein Produkt aus einem Maschinenpark, sondern von einem Holzverarbeiter traditionellen Handwerks — haben wir derzeit zwei in Verwendung; eine dritte ist bestellt. Sie sind für Kim gedacht, die in ihrem Alter — am 11. November wird sie 12 Jahre alt — und bei ihrem körperlichen Zustand — sie ist halt alt — nicht mehr so einfach auf ein Sofa oder zu uns ins Bett hupft, wie sie das früher konnte. Die Rampe hilft: 40 cm hoch und etwa 90 cm lang, belegt mit einer rauen Oberfläche, erleichtert ihr das Erklimmen ihrer Lieblingsplätze ungemein. — Billig sind die Dinger indes nicht. Aber wer sparen will, sollte sich keinen Hund anschaffen.

Wer hat Angst vorm bösen Blick?

Wer das für einen bösen Blick hält, kennt freilich meine Naomi nicht:

Denn in der Tat ist das der Ausdruck des Genusses. Naomi, Griechin bis auf die Knochen, liebt es, auch bei hohen Temperaturen in der Sonne zu liegen. Und hier ist es ein nie wirklich als solcher zum Einsatz gekommener Couchtisch im Schlafzimmer, auf dem an einem sonnigen Nachmittag die Sonne steht. Und eine der einfachsten Übungen, Naomi im Haus zu finden, ist es, zu schauen, wo die Sonne hereinscheint. Die Wahrscheinlichkeit, die kleine Griechin dort zu finden, ist ausgesprochen hoch.

Grille bei 70

Vielleicht war es auch nur ein Grashüpfer. Ich bin kein Biologe. Jedenfalls saß das Tierchen auf der Windschutzscheibe. Den Schädel tapfer in Fahrtrichtung gedreht. Die langen Fühler bogen sich weit nach hinten. Ich entdeckte das kleine Tier erst, als ich schon mit den auf der Strecke vorgeschriebenen 70 km/h unterwegs war. Nun ja, dachte ich mir. Wenn’s ihm nicht gefällt, wird es loslassen und abfliegen. Tat es aber nicht. Tapfer blieb es haften, und es ist schon beeindruckend, was so winzige Insektenfüßchen können.
Daheim im Carport ließ ich die Hundemädchen raus, und bevor ich mein Zeug zusammenpackte, schaute ich nach dem Tierchen. Es saß nach wie vor an der gleichen Stelle auf der Windschutzscheibe und rührte sich nicht. Die Fühler wiesen nun nach vorne, sie waren so lang wie das Insekt selbst. Und nichts rührte sich. Ich stupste es an. Nichts.

Tage später saß es immer noch dort. Ich nahm es in die Hand und schaute es an. Schließlich musste ich den Exitus konstatieren. Wann der eingetreten war, konnte ich nicht feststellen. Ich bin kein Pathologe.

Überflüssige Schule

Die Aspekte des deutschen Bildungswesens, die mich interessieren, interessieren mich, weil ich sie gruselig finde. Zum Beispiel den Umgang mit der deutschen Rechtschreibung in den ersten Schulklassen (Stichwort: »Schreiben nach Gehör«). Aber ich bin trotzdem sicher, dass es Schulen gibt, in denen man einfach nichts lernt.
Kurz hinter der Zufahrt zu meinem Parkplätzchen im Wald vor Ostenfeld, direkt dahinter liegt eine sogenannte Jagdschule. Ich will gar nicht wissen, was man da lernt. Jäger sind auch nicht so mein Menschenschlag.
Den Umgang aber mit Hunden lernt man offensichtlich nicht. Zur Jagdschule gehört mindestens ein Hund, ich glaube sogar, es sind zwei. Die sind öfter auch mal draußen und riechen meine Hundemädchen, wenn wir da zum Gassigang ankommen und aussteigen. Die Hunde der Jagdschule schlagen dann an, das ist durchaus okay. Und sie beruhigen sich auch gleich wieder, wenn wir uns entfernt haben.
Letztens war nur ein Hund draußen, und er hat die ganze Zeit gebellt. Wenn man selbst Hunde hat, lernt man die unterschiedlichen Signale, die ein Hund durch sein Bellen gibt. Das Anschlagen als Hinweis auf Fremde – ob Mensch oder Hund ist egal – in der Nähe hört sich anders an, als das, was dieser Hund da tat. Er bellte ununterbrochen, die ganze Zeit, während wir im Wald unterwegs waren, war er zu hören, und sein Signal war klar. »Ey, Arschloch Herrchen oder Frauchen, ich will ins Haus, kapierste das? Beweg deinen Hintern und lass mich rein!«
Aber entweder war niemand da oder es interessierte niemanden. Wozu auch? Soll der Hund doch bellen. Der nächste Nachbar ist weit weg, und wenn der Hund nicht mehr bellen will oder seine Stimme verliert, dann wird er schon aufhören.

Jäger gelten nicht umsonst als im Umgang mit Hunden wenig sensibel. Vielleicht ist es das, was man auf dieser Jagdschule auch lernt. Wie man seinen Hund unsensibel behandelt.

Rotes Auto mit Hund

Neben dem Lehmsiek gibt es noch einen zweiten Wald, in dem ich mit den Hundemädchen Gassi gehe, wenn es warm ist und die Sonne vom Himmel knallt. Vor Ostenfeld geht es links in den Wald, und wenige Meter nach der Einfahrt ist Platz für vier Autos (oder zweieinhalb ScheißUVs).
Ich biete langsam dort ein, damit die Mädels im Heck meines Autos nicht hin und her geworfen werden, denn da ist eine Rinne am Straßenrand. Auf dem Parkplätzchen steht ein rotes Auto. So was wie ein Roomster oder Yeti, ich achte nicht drauf.
Ich packe meine Mädels aus, leine sie an und als wir losgehen, tobt in dem roten Auto ein Hund los. Mir fallen die offenen Seitenscheiben auf, und obwohl ich es eigentlich hasse, einen Hund allein im Auto zurückzulassen, ist es an dieser Stelle nicht so schlimm, weil der Schatten dicht fällt und die Luft nicht zu heiß ist. Trotzdem …
Rotes Auto, Scheiben geöffnet, Hund im Auto, keine Menschen in der Nähe. Was soll das?
Auf unserem Weg kommt uns dann eine Frau entgegen, klein, hager, sieht mit ihren weißen Zöpfen aus wie eine noch nicht vollständig mumifizierte Indianerin. Ihr Gang ist langsam, gleichmäßig, ohne Eile, keine Hektik, sie lächelt ein wenig entrückt, grüßt aber.
Als wir zu meinem Wagen zurückgekehrt sind, ist das rote Auto weg. Ob es der Indianerinnenmumie gehörte, weiß ich nicht. Ich frage mich nur, welches Arschloch in den Wald fährt und den Hund im Auto allein zurücklässt.

Die Last mit der Milch

Milchlaster sind auch so ein Ding. Ein Unding. Es gibt ein paar Landwirte hier in der Gegend, die Rinder halten, um Milch zu vermarkten. Ich glaube nicht, dass das noch wirklichen Spaß macht, nicht bei den Preisen für Milchprodukte, die Aldi, Lidl, Penny und anderes Volk so ausloben. Aber sie tun es halt. Und um die Milch von den Kühen und vom Hof dahin zu bringen, wo sie zu spottbilliger Milch, sündhaft unteurer Butter und anderen schändlich bepreisten Milchprodukten verarbeitet wird, dafür braucht es Milchlaster.

Hier in der Gegend gibt es vorrangig zwei Milchlaster, die unterwegs sind. Der eine, silbergrau, nicht sonderlich auffällig – so wenig, dass ich nicht viel mehr weiß, als dass er ein Dithmarscher Kennzeichen hat – ist ärgerlich, aber zum Glück eher selten da. Der andere, Kennzeichen aus Itzehoe, fährt einen roten, aufgemotzten, offensichtlich alle drei Tage gewaschenen und handpolierten Truck mit Hänger, lauter LED-Gedöns rundherum, kurz ein Milchlaster, der acht Auspuffrohre und zwölf Scheinwerfer auf dem Dach hätte, wenn er ein Golf GTI wäre.
Und der Fahrer und sein Fahrverhalten passt genau dazu. Immer schön rasen, immer schön zur Fahrbahnmitte hin orientieren, beim Abbiegen von der Winnerter Hauptstraße Richtung Schwabstedt hübsch die Kurve anschneiden, und dann gib’s ihm. Besonders toll ist das auf den schmaleren Landstraßen, denen ohne Mittelstreifenmarkierung – aber selbst auf den breiteren Kreisstraßen mit weißem Streifen kommt er einem auf seiner Gegenfahrbahn entgegen und zwingt einen zum Ausweichen.

Ich weiß nicht, wie Milchlasterfahrer bezahlt werden. Wegen mir müssten sie sogar noch was drauflegen – für jede Menge Tickets, die sie verdient haben. Der Itzehoer jedenfalls gehört für meinen Geschmack aus dem Verkehr gezogen. Aber dann wäre der Landwirt der Leidtragende … obwohl es vermutlich preislich attraktiver ist, die Milch in den Gulli laufen zu lassen. Davon habe ich allerdings zugegebenermaßen nicht die nötigen Kenntnisse, um das wirklich beurteilen zu können.
Die Fahrweise des Itzehoer Milchlasterfahrers aber kann ich beurteilen. Sie ist scheiße und sie gehört bestraft. (Und irgendwie fällt mir gerade ein, dass das ein nettes Thema für eine Herr-Hütter-Story wäre. Hm.)

Unglaublich II: Fliegentöten

Wir leben in einer landwirtschaftlich geprägten Gemeinde. In nächster Nachbarschaft haben wir zwei Landwirte mit Rindviechbeständen. Und das wirkt sich im Sommer auf die Zahl der Fliegen aus, die durch geöffnete Türen und Fenster ins Haus einfallen, um sich dort aus völlig unverständlichen Gründen darauf zu verlegen, zu nerven.
Ich töte pro Tag zwischen 40 und 60 Fliegen. Die verschiedensten Abwehrmethoden – Klebefolien an den Fenstern, die klassischen Fliegenfänger an der Zimmerdecke, ein Insektenvorhang vor der Tür zum Garten, eine Insektenfalle mit Strom – nutzen nicht wirklich etwas. Vor allem, wenn eine Tür geschützt wird, alle Fenster jedoch völlig ungesichert offen stehen.
Und die ultimative Methode, Fliegen zu töten, habe ich auch noch nicht gefunden. Insektenspray wirkt zu langsam, geht als Aerosol in die Atemluft und legt sich auf Monitore und andere Gegenstände. Am Ende bleibt nur die klassische Fliegenklatsche und die Tonne für Altpapier oder Kunststoff, um die Leichen zu entsorgen.
Und die Viecher nerven einfach nur. Sie sind zu dumm, um wahr zu sein, und sie nerven. Eine Spinne – und wir haben reichlich Spinnen im Haus – erweist sich noch als nützlich; nicht nur, weil sie auch Fliegen verspeist, wenn sie welche in ihrem Netz fangen. Aber Fliegen sind einfach nur dumm, und mir ist nicht klar, was sich die Schöpfung dabei gedacht hat, solch konzentrierte Dummheit mit Flügeln zu versehen.

Ich mag Tiere. Ich mag auch Insekten. Spinnen, Bienen, Wespen, Hummeln sowieso, Schmetterlinge natürlich auch. Sie alle haben irgendetwas Nützliches zu bieten. Fliegen möglicherweise auch – aber das, was sie an Positivem mitbringen, wird durch ihre nervtötende Dummheit mit tödlicher Konsequenz überlagert.
Schlimm. Aber nicht zu … paatsch!