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Dieses Buch hätte auch ein ANDROMEDA SF MAGAZIN sein können:


Details zum Buch: hier.

Warum hätte das so sein können? Vor vielen Jahren – ich glaube, ich war damals noch im Vorstand, es muss also zwischen 2006 und 2008 gewesen sein – wurden die verschiedenen Ausgaben des ANDROMEDA SF MAGAZIN des SFCD e.V. noch von der jährlichen Mitgliederversammlung vergeben. Das lief dann so, dass der Vorstand feststellte, dass für das kommende Jahr soundsoviele Ausgaben benötigt würden. Dann wurde gefragt, wer eine Ausgabe machen wolle. Niemand meldete sich. Einige eindeutige Blicke wurden vorstandsseitig ins Mitgliedervolk gestreut. Irgendwann wurde dann zum soundsovielten Mal die CONFACT-Sammelnummer an Birgit Fischer und Ecki Marwitz vergeben, die bis heute nicht erschienen ist, und gut war’s.

In diesem einen Jahr meldete sich Hermann Ritter mit der Idee einer Ausgabe zu rechten Themen in der SF unseres Landes, und der Zuschlag wurde ihm erteilt. Die Ausgabe kam jedoch nie zustande – zum einen, weil Hermann seinerzeit wohl ein zeitliches Problem hatte, zum anderen, weil sonst niemand mitarbeiten wollte (aus den SFCD-Reihen sowieso nicht). Das Thema geriet also in Vergessenheit.

Aber nicht wirklich, da sei ein Hermann Ritter vor. Und so kam er vor auch schon wieder reichlicher Zeit auf die Idee, das Thema doch noch zu verarbeiten – diesmal jedoch als Buch. Und die Reihe »AndroSF« meines Verlages bot sich an.
Diesmal brachte er Mitstreiter mit, und während ein Name wieder gestrichen wurde, blieben doch mit Dierk Spreen und Johannes Rüster – sowie natürlich Hermann Ritter selbst – drei Namen übrig, die das Thema bewältigen wollten.

Rechtes Gedankengut – bzw. Rechtextremismus, wie es heute im Untertitel des Buches steht – in der Science-Fiction (nicht nur in Deutschland) ist keine neue Erscheinung. Schon vor Hugo Gernsbacks Erfindung »Science-Fiction« hat es das gegeben, in der Zeit des Dritten Reichs in Deutschland sowieso, und auch danach hat sich daran nichts geändert – bis heute nicht. Und die Verknüpfungen zwischen SF und braunen Geistern sind vielfältig. Hermann Ritter zeigt auf, wie sich die Esoterik als Sammlung nicht selten völlig durchgeknallter Theorien nicht nur als Grundlage für SF-Werke eignet, sondern auch für Verschwörungstheorien nationalsozialistischen Timbres. Johannes Rüster wiederum greift den in der SF sehr breit angelegten Bereich der »Was wäre, wenn«-Geschichten mit faschistischen Vorzeichen auf. Und Dierk Spreen wird schließlich sehr konkret, indem er die SF-Serie »Stahlfront«, die ja einen sehr modernen und sehr unverschämten Ansatz der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts nicht zuletzt vor allem unter der Jugend darstellte, unter mediensoziologischen und medienethischen Gesichtspunkten als »braunen Schund« (d. i. mein O-Ton, nicht der Dierk Spreens) entlarvt und dies auch begründet.

Ob dieses Buch wichtig ist, kann ich nicht beurteilen. Für mich ist es wichtig, dieses Buch gemacht zu haben, denn die braune Scheiße, die in viel zu vielen Gehirnschalen »deutscher Bürger« schwappt, gehört in meinen Augen bei jeder sich bietenden Gelegenheit ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt und als eines Menschen nicht würdig gebrandmarkt. Ich weiß, dass es Hermann Ritter wichtig war und ist, dieses Buch gemacht zu haben, nicht nur, weil es für ihn nach eigenen Worten manchmal beinahe schmerzhaft war, sich durch die braune Scheiße (mein O-Ton) auf Papier zu wühlen, sondern auch, weil er es vielleicht oder gar wahrscheinlich anders formulieren dürfte als ich, sein Denken und Handeln in der Sache aber in die gleiche Richtung gehen dürfte wie in meinem Falle. Und Johannes und Dierk kenne ich nicht annähernd gut genug, um ihre Motivationen wirklich beurteilen zu können – da müssen ihre Texte die Aussage machen, und das tun sie in meinen Augen in eindeutiger Weise.

Die letzten beiden Absätze des Vorworts der drei Autoren – ich bin ja »nur« der Verleger und (Mit-) Herausgeber – lautet: »In der Zusammenschau zeigt sich letztlich, wie sehr krude völkische Esoterik anschlussfähig an die Allmachtsfantasien eines oft materiell wie intellektuell unterprivilegierten Publikums sein kann. Dies ist, auch das wird erkennbar, beileibe kein neues Phänomen. Vielmehr, und das ist das eigentlich Deprimierende, scheint es sich mehr um eine Konstante zu handeln, um das dumpf stammtischlernde Hintergrundgeräusch einer demokratischen Gesellschaft, das sich selbst durch pseudowissenschaftliche Verlängerungen einer Vielzahl von Disziplinen zu adeln versucht, von der Geschichtswissenschaft über die Medizin bis zur Raumfahrttechnik.
Damit wird letztlich auch die Intention dieses Bandes klar: Diesem tumben Raunen sollen ein paar helle Beiklänge beigemischt werden, in die braunverdunkelten Geister ein kleines Flämmchen der Aufklärung getragen werden. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.«

Dem ist für den Moment nichts hinzuzufügen.

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