Die Zeiten, in denen man der Science-Fiction unterstellte, ihr fehle der Bezug zur Realität, sind inzwischen wohl längst vorbei. Viel zu viele Near-Future-Szenarien wurden und werden beschrieben, in der Regel und gerne als Dystopien, denn unsere heutige Welt ist offensichtlich so toll, dass es nur noch schlimmer werden kann.
Natürlich fehlt auch diesem SF-Werk der Bezug zur Realität. Obwohl die Zeiten des sogenannten und angeblichen Klimawandels ein abgesoffenes Norddeutschland durchaus zu einem Near-Future-Szenario machen könnten, ist die Ursache für diesen Hintergrund der Geschichte ein ganz anderer – wenn auch wieder einer mit erkennbarem Realitätsbezug, denn wer erinnert sich nicht an Auswirkungen dubioser Geschäftspraktiken am Aktienmarkt, angefangen von der Dot-Com-Blase Anfang der Zweitausender, bis hin zu den Lehman Brothers 2008 und der Finanzkrise, die dem Bankhaus (angeblich) den Garaus machte.
Fakt ist jedenfalls, dass Dieter Rieken seine Geschichte über Menschen in einem Norddeutschland unter Wasser – nicht vollständig, aber größtenteils – spielen lässt, und das Ganze hat nicht nur grundsätzlich einen Reiz, sondern vor allem auch für mich als seit Ende 2018 in Nordfriesland lebendem Verleger, auch wenn ich mir hier wenig Sorgen machen muss: Winnert und Umgebung liegt so hoch über dem Normalnull genannten Meeresspiegel, dass auch ein weiterhin ansteigender Wasserstand wenig Probleme verursachen dürfte. Jedenfalls hier in Winnert.
Reizvoll war und ist das Buch jedoch so oder so. Es ist eine schöne Geschichte, die nicht nur gut lesbar ist, sondern einfach auch Charme hat. Norddeutschland ist hier nicht fit, aber die Menschen haben nicht aufgegeben, das Böse – hier in Gestalt von Aktienmarktmanipulatoren und Terroristen – hat ein Gesicht, dem man in die Fresse hauen kann, weil es nicht schnell genug auszuweichen in der Lage ist, und auch, wenn die Krimielemente unverkennbar sind, die SF dem einen oder anderen SF-Fan zu wenig sein wird, und auch das Gefühl eines Heimatromanes nicht wirklich zustande kommen kann – die Mischung macht’s, und die Mischung macht es richtig. Genau richtig.
Details zum Buch: hier.