[VDS] Falsche Socke

Nochmal zum Rechtschreibrat

Was für ein Durcheinander! Drei Wochen nach der Sitzung des Rats für deutsche Rechtschreibung kommunizieren seine Mitglieder vorrangig über die Medien miteinander. Prof. Lutz Götze sagt in einem langen Leserbrief an die FAZ, dass er sich eine klärende und eindeutige Stellungnahme des Rats gewünscht hätte. Prof. Henning Lobin (Direktor des Instituts für deutsche Sprache) antwortet auf Twitter (auf Twitter!) und in einem SPIEGEL-Interview. Er macht deutlich, dass er die Entscheidung des Rats einfach ignoriert und stattdessen den Gebrauch von Genderzeichen als unausweichliche Sprachentwicklung hinstellt. Den Vogel erlegt nun in einem Interview die Geschäftsführerin des Rechtschreibrats, Dr. Sabine Krome: Das generische Maskulinum sei „out“, ergänzt um diese aufschlussreiche Erkenntnis: „All diejenigen lehnen geschlechtergerechte Sprache ab, die das Anliegen, alle Menschen gleichwertig zu betrachten, nicht akzeptieren können.“ Wie bitte? Wer morgens seine Brötchen beim Bäcker kauft und nachmittags zum Arzt geht, hat etwas gegen Geschlechtergerechtigkeit? Wenn das tatsächlich die Einstellung der Verantwortlichen des Rats für deutsche Rechtschreibung ist, muss man sich wirklich fragen, welchen Sprachgebrauch der Rat da eigentlich beobachtet. Der Rat gibt in der Öffentlichkeit derzeit ein Bild ab, bei dem daran gezweifelt werden darf, ob er seiner Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren, überhaupt noch gewachsen ist. (Holger Klatte)

[aus dem Infobrief vom 31.07.2023 des VDS e.V.]

[VDS] Anderer Bewusstseinszustand

Martin Walser gestorben

„Martin Walser war zeitlebens ein Beirrbarer. Daraus zog er seine enorme literarische Kraft“ , schreibt der Spiegel. Er war einer, der sich „störrisch einfachen Antworten verweigerte.“ In seinem Menschenbild kämpft der Mensch mit sich, „er macht es sich nicht leicht, und es ist nie leicht mit ihm.“ Das geschah in einer Sprache, die alles möglich macht, auch ihn falsch zu verstehen. Aber man muss sich mit Literatur eben ein bisschen bemühen. „Solange etwas ist, ist es nicht das, was es gewesen sein wird“, reagierte er auf Vorwürfe über die mangelnde Weitsicht seiner Romanfiguren im Nationalsozialismus. In besonderer Erinnerung geblieben ist der Eklat bei seiner Dankesrede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche am 11.Oktober 1998. Ihm wurde „geistige Brandstiftung“ attestiert und, dass er einer „Schlussstrichmentalität“ das Wort geredet habe. So gründlich missverstehen darf man jemanden nur absichtlich. Seine Dankesrede kann man nachlesen, und die Parallele zwischen dem Unverstand vor 25 Jahren und heute entdecken, da auf stichhaltige Argumente gar nicht erst eingegangen wird. Der kommunikative Widerwille verschmilzt zu einem Syndrom aus erstens nicht hinhören können (mit eigenen Gedankenfetzen beschäftigt), zweitens nicht hinhören wollen (den Kerl womöglich noch verstehen), drittens Deutsch nicht hinlänglich beherrschen (da muss man ja mitdenken), viertens es nur nicht mit den Meinungsführern verderben. Für Walser war „recht zu haben ein minderer Bewusstseinszustand.“

[aus dem Infobrief vom 31.07.2023 des VDS e.V.]

[VDS] »Das Beste am Norden ist unser Dickkopf.«

NDR bleibt beim Gendern

Der NDR hat bekannt gegeben, trotz der Empfehlung des Rats für Deutsche Rechtschreibung, weiterhin an der Praxis des Sprachgenderns festzuhalten. Im Vorfeld hatte die FDP in Mecklenburg-Vorpommern den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dazu aufgefordert auf die Verwendung von Gendersternchen und Doppelpunkten zu verzichten. Die Sendersprecherin erklärt, dass es im NDR keine direkte Anweisung zum Gendern gebe, sondern die Beschäftigten lediglich dazu angeregt werden, sensibel mit dem Thema Gendersprache umzugehen. Auf eine bestimmte Form werde sich jedoch nicht festgelegt. Verständliche und geläufige Formen sollen verwendet werden, dazu zählen die Doppelnennungen („Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten“), neutrale Bezeichnungen („Team“, „Gäste“) oder Partizipien („Teilnehmende“). Reportern stehe es frei, im Hörfunk und Fernsehen den Glottisschlag, also die Sprechpause, zu verwenden. Im Hinblick auf verschiedene Formate sei der Gebrauch unterschiedlicher Genderformen eine „freie redaktionelle Entscheidung“. In der Schriftsprache des Norddeutschen Rundfunks werde neben den neutralen Formulierungen auch der Genderstern verwendet, wenn eine große Zahl von Menschen angesprochen werden soll. Trotz der weit überwiegenden Mehrheit, die das Gendern als störend oder unwichtig empfindet, hält der NRD also an dieser Praxis fest. (nordkurier.de)

[aus dem Infobrief vom 31.07.2023 des VDS e.V.]

[VDS] Was einem manchmal durch den Kopf geht

Bisweilen muss man sich wohl zwangsweise die Frage stellen, was in den Gehirnen mancher Menschen vor sich geht — und ob da überhaupt noch etwas vor sich geht, das sich mit den üblichen Gehirnfunktionen erklären lässt:

Nun auch klimagerechte Sprache

Klimaschutzaktivisten, wie der österreichische Klimaschutzbeauftragte und Lobbyist Ernst Walter Schrempf, fordern die Einführung einer „problemgerechten Klima-Sprache“ in den Medien und im politischen Diskurs. Schrempf hält zu dem Thema regelmäßig Vorträge. Wörter wie „Klimawandel“ oder „Erderwärmung“ sind für ihn eine Verharmlosung der Probleme. Er ist der Meinung, dass „über Generationen eingeprägte Denkmuster“ sprachwissenschaftlich aufgehoben werden müssen. Anstelle der „Klimaerwärmung“ müsse von der „Klimaerhitzung“ gesprochen werden, damit der Handlungsbedarf hervorgehoben werde. Auch verniedliche das Wort „Klima-Krise“, man solle von einer „Klima-Katastrophe“ sprechen. Eingeprägte Wahrnehmungen würden sich durch Anpassung der Sprache im öffentlichen Diskurs beeinflussen lassen, das könne die Menschen dazu veranlassen, die Klimafrage ernster zu nehmen. (presseportal.de)

[aus dem Infobrief vom 31.07.2023 des VDS e.V.]