Deutsche Sprache in Zeiten der Corona

Der folgende Text wurde am 05.10.2020 als Vorwort der ANDROMEDA NACHRICHTEN 271 des SFCD e.V. verfasst und heute, am 31.10.2020, leicht überarbeitet. Ich halte ihn für würdig, an dieser Stelle noch einmal veröffentlicht zu werden.

Man verzeihe mir die Anlehnung an einen Romantitel. Und das Thema hat – das kann ich versprechen – nichts mit dem Virus, mit Maßnahmen und Protesten dagegen zu tun. Es geht vielmehr um etwas, für das eigentlich auch der Science Fiction Club Deutschland steht: die deutsche Sprache.

Ich bin seit einigen Wochen Mitglied im Verein Deutsche Sprache e.V., dem VDS. Es ist für jemanden wie mich, der nicht nur in den ANDROMEDA NACHRICHTEN, sondern auch als Verleger, Lektor und Korrektor viel mit der deutschen Sprache arbeitet, eine spannende und durchaus belebende Erfahrung, mitzubekommen, wie in der Realität mit der deutschen Sprache umgegangen wird. Es geht nicht nur um »Genderunfug« und nicht nur um die Seuche der Anglizismen, die unsere Sprache Wort für Wort, Begriff für Begriff zu etwas degradieren, das letztlich zu einem Dialekt wird oder zu einer aussterbenden Sprache wie das Saterfriesische (ein Dialekt des Friesischen, das kein Dialekt ist, sondern eine Sprache) und das Rätoromanische in der Schweiz.

Die Seuche der Anglizismen wurde ausgerechnet auch durch einen anderen Seuchenverursacher in den letzten Wochen und Monaten weiter verbreitet. Begriffe wie Lockdown, Shutdown, Homeoffice, Homeschooling, Social Distancing und andere liest und hört man überall: Nachrichten in Zeitungen, Zeitschriften, im Fernsehen und im Radio hören sich bisweilen an, wie man sich das Pidginenglisch asiatischer Völker vorstellen mag. Beschäftigt man sich damit, dann fragt man sich, war es keine Heimarbeit (statt Homeoffice) und keinen Hausunterricht (statt Homeschooling) mehr gibt. Man fragt sich auch, was die Einzelhaft nach einer Gefangenenrevolte (Lockdown) mit den Corona-Maßnahmen in der Anfangszeit der Seuche zu tun hat. Oder was man sich unter einem sozialen Abstand vorzustellen hat. Auf jeden Fall versteht man, warum die Tagesschau der ARD und die heute-Nachrichten des ZDF für ihren Umgang mit der deutschen Sprache den »Sprachpanscher 2020« des VDS bekommen haben.

Prof. Walter Krämer, Vorsitzender des VDS, ist vom Ausgang der Sprachpanscher-2020-Wahl nicht überrascht: »Die meisten unserer Mitglieder kritisieren, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihrem Bildungsauftrag nicht gerecht werden und ihr Publikum stattdessen mit Wörtern konfrontieren, die unnötig sind.« In Zeiten von Corona haben die Nachrichtenflaggschiffe Wörter wie Lockdown, Homeschooling, Social Distancing, Homeoffice usw. nicht hinterfragt, sondern einfach übernommen. »Diese Anglizismen zeigen, wie wenig Interesse Tagesschau und heute-Nachrichten haben, die Menschen in ihrer eigenen Muttersprache zu informieren. Die Devise ist: Nachplappern statt sinnvolle Übersetzungen finden, die alle verstehen«, kritisiert Krämer, »einer Vorbildfunktion mit Bildungsauftrag werden die Öffentlich-Rechtlichen so nicht gerecht.« [Zitat von vds-ev.de]

Was das mit den ANDROMEDA NACHRICHTEN zu tun hat?

Ich habe in der Vergangenheit schon Beiträge entgendert, wo es unnötig war. Selbst die im Journalismus und der Politik krankhaft gewordene Angewohnheit, von »Bürgerinnen und Bürgern«, »Soldatinnen und Soldaten«, aber nicht von »Idiotinnen und Idioten« zu sprechen, ist lästig und unnötig, stört den Lesefluss an sich interessanter Beiträge und ist keinesfalls unterstützenswert. Von Schrägstrichen, Unterstrichen, Gendersternchen, Klammern und anderem Unfug will ich gar nicht anfangen. Wer sein Geschlecht in Begriffen wie Bürger, Soldat oder Idiot nicht vertreten fühlt, hat ein Problem mit seinem Minderwertigkeitskomplex – und übersieht bei seiner offensichtlich intensiven Beschäftigung mit demselben, dass mit Genderei nicht nur kein Ziel – z. B. das der Gleichberechtigung von Mann und Frau – erreicht wird, sondern auch die deutsche Sprache mit Füßen getreten wird.

In der gleichen Art und Weise werde ich zukünftig auch mit unnötigen und unpassenden Anglizismen umgehen. Die Science-Fiction lebt ganz sicher von ihnen und mit ihnen – aber diese Anglizismen haben in der Regel ihren guten Grund.

P.S.: Es gab schon Bemühungen, mir einzureden, dass in einem bestimmten Fandom die Genderei auch gesprochen wird und so geschrieben werden muss. Der Beitrag ist in einer SFCD-Publikation erschienen – aber die Unfugversion haben die Autoren anderenorts veröffentlichen dürfen.
P.S.: Die deutsche Verteidigungsministerin wollte in der Bundeswehr weibliche Dienstgrade einführen: »Leutnantin« hat prompt sogar der Google Translator übernommen und sich damit als glaubwürdige Übersetzungsplattform diskreditiert. Die Pläne von Frau Kramp-Karrenbauer sind vom Tisch: Gerade vonseiten der weiblichen Soldaten (sic!) wehte ihr ein deutlicher Gegenwind entgegen.

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