Mal ganz was anderes

Oder eigentlich auch nicht. Es geht um ein Buch. Um ein Buch meines Verlages. Und dennoch ist etwas Besonderes daran.

Tetiana Trofushas Story »Coming Home« erschien ursprünglich in »INSPIRATION. Die digitalen Welten des Andreas Schwietzke«, einer Anthologie mit wundervollen Geschichten und einem Bildband mit ebenso wundervollen Bildern. Die Anthologie wurde von Marianne Labisch zusammengestellt und herausgegeben, eine herrliche Arbeit, die letztlich – wie dies in diesem lesefaulen und geizigen Land üblich ist – auch nur in den Regalen herumliegt, um langsam alt zu werden und zu vergammeln.
Tetianas Story immerhin blieb nicht ganz unbeachtet, wurde im Deutschen Science-Fiction-Preis 2019 ebenso nominiert wie im Kurd-Laßwitz-Preis 2019. Und im DSFP belegte die Story am Ende sogar Platz 2 – immerhin und durchaus bemerkenswert.

Das Weitere ist in meinen Erinnerungen ein wenig konfus. Da war Wolf von Witting, der für sein Fanzine COUNTERCLOCK nach internationalen Storys suchte, und irgendjemand – Marianne Labisch oder ich – kam auf die Idee, Tetiana zu fragen, ob sie ihre Story hergeben würde. Es war natürlich eine Übersetzung nötig, denn COUNTERCLOCK hat eine internationale Verbreitung und erscheint in englischer Sprache.
Marianne, glaube ich, fand in Ilona Schmidt eine Übersetzerin, die eine Arbeit ablieferte, die vor allem auch Tetiana gefiel. Und sogleich kam die Idee auf, die Übersetzung ins Englische auch als Buch herauszubringen. Kein Problem – oder doch?

Man muss wissen, dass mein Verlag eigentlich nur deutsche Werke von deutschsprachigen Autoren veröffentlicht, keine Übersetzungen – und vor allem keine englischen Texte.
Eigentlich.
Denn schon in der Ikebana-Reihe habe ich gegen diese Regel verstoßen: Ayako Graefes »Contemporary Ikebana and Its Traditional Background« war mein erster englischsprachiger Titel.
Und er sollte eben nicht der letzte bleiben.

Die Idee schließlich ging noch weiter. Wenn wir »Coming Home« schon auf Englisch veröffentlichten, spräche auch nichts gegen die deutsche Variante. Et voilà – vielleicht konnte man mit einer zweisprachigen Variante (deutsch und englisch) sein Glück auch mal bei den Kulturministerien der deutschen Länder versuchen?
Und so kam, wie es kommen musste: Anfang Februar (und erst heute ganz offiziell verkündet) erschien »Coming Home« in drei Varianten, die sich optisch nur durch jeweils passende Fähnchen auf dem Buchrücken und am Rand der vorderen und hinteren Umschlagseiten unterscheiden. Und natürlich durch den Text im Inneren, mal deutsch, mal englisch, mal deutsch und englisch.

Andreas Schwietzke schuf übrigens das Cover, eine Abwandlung desjenigen Bildes, von dem sich Tetiana in »INSPIRATION« zu ihrer Geschichte inspirieren ließ.

Ich hege keine große Hoffnung auf einen Verkaufserfolg. Darauf war ich auch nicht aus. In einem geizigen und dummen Land wie diesem sollte man sich nicht auf ein Wunder verlassen. Gerade diejenigen, die am lautesten jammern und beklagen, dass die deutsche SF nichts taugt, am Boden oder gar tot ist, sind die, die am wenigsten deutsche SF kaufen und lesen. Von dem Lamento in Bezug auf Kurzgeschichten ganz zu schweigen. Damit muss man als Kleinverleger mit einem solchen Programm in Deutschland einfach leben.

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