Max Goldt
QQ (Quiet Quality)
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin, 2007, Hardcover mit Schutzumschlag, 156 Seiten, ISBN 978 3 87134 581 4
Max Goldt ist Lesern der TITANIC kein Unbekannter. Die Texte in dem vorliegenden Buch wurden – wenn auch nicht immer in den hier veröffentlichten Versionen – 2005 und 2006 veröffentlicht. Ich selbst kam mit dem Buch durch Arndt Beitat, dem Obermacher von malta-online.de, in Berührung, der irgendwann irgendwo in seinem Malta-Online-Forum einen Textauszug aus einem Text in diesem Buch veröffentlichte, in dem sich Goldt mit Malta beschäftigte. Oder es jedenfalls vorgab.
Auf dem Rückumschlag des Buches sind Worte eines Daniel Kehlmann zu lesen, den man vermutlich kennen sollte, denn wer das ist, wird nicht erklärt: »Dass Max Goldts Werk sehr komisch ist, weiß ja nun jeder gute Mensch zwischen Passau und Flensburg. Dass es aber, liest man genau, zum am feinsten Gearbeiteten gehört, was unsere Literatur zu bieten hat, dass es wahre Wunder an Eleganz und Poesie enthält und dass sich hinter seinen trügerischen Gedankenfluchten die genaueste Komposition und eine blendend helle moralische Intelligenz verbergen, entgeht noch immer vielen, die nur aufs Lachen und auf Pointen aus sind. Max Goldt gehört gelesen, gerühmt und ausgezeichnet.«
So eine prämortale Heiligsprechung ist mir immer suspekt. Und ich lasse mich schon gar nicht als »unguten« Menschen bezeichnen, ohne das Arschloch zu kennen, das mich als Arschloch erkannt hat. Insofern ist es mir auch im Nachhinein leicht gefallen, Kehlmanns Worte ad absurdum zu führen, indem ich ihm in meinem literarisch bewanderten Kämmerlein den physikalischen und hier nun hoffentlich den textlichen Stinkefinger zeige.
Denn was Kehlmann da schreibt, das ist entweder das Ergebnis einer gemeinsamen Nacht mit dem Autor oder ein anderes Gefälligkeitsprodukt, aber niemals die Wahrheit. Unbestritten ist, dass Goldt zumindest zu den deutschen Sprachgenossen gehören, die wissen, wie man mit diesem verbalen Textwerkzeug umgehen kann. Eleganz und Poesie bin zu unterstellen ich bereit, eine feine Arbeit ist es im Großen und Ganzen auch, und selbst bei der Feststellung genauer Kompositionen will ich nicht hintanstehen. Aber »blendend helle moralische Intelligenz«?
Himmelherrschaftzeiten. Bei solchen Übertreibungen fällt mir immer ein Film mit Don Johnson ein, dessen Titel ich gerne und wiederkehrend verdränge (ich hab ihn mir auf den Arsch tätowieren lassen, kann ihn da aber nicht ablesen), in dem ziemlich am Anfang ein böser Bub zu Johnson, der ihn grad vollgekotzt hat, sagt: »Was für ein Arschloch!« Und siehe da –
Ich bin also kein guter Mensch. Ich kann mit »blendend heller moralischer Intelligenz« nicht nur nichts anfangen, ich finde auch, dass Goldt einerseits keine Ahnung von Moral hat, andererseits auch nicht intelligenter als andere Schriftsteller ist – und blendend hell intelligent schon zwei Mal nicht. Ich finde zudem noch, dass Goldt nicht komisch ist. Nicht immer, nicht durchgehend, nur manchmal, ganz selten.
Auf die Geschichten will ich im Einzelnen gar nicht eingehen. Das sind zugegebenermaßen keine Werke, die man wie einen Actionkrimi rezensieren kann, so mit Handlung und so. Wer Texte mag, die schon am eigenen Intellekt – so vorhanden – kitzeln, der ist hier nicht ganz falsch, auch wenn das Umfeld des Buches – insbesondere der Rückumschlag – Falsches vorgaukelt.
Es gab für mich drei, vielleicht vier Texte, die ich im Nachhinein gut fand, ordentlich, amüsant. Sagen wir es so: Sie haben mich angesprochen. Die anderen Texte waren arrogant-schnöseliges Hochnäsigkeitsliteratentum, durchaus von stilistisch unbestreitbarer Qualität, vom gedanklichen Duktus dahinter, darunter und darin jedoch von übelster Aristokratenleichenart, an manchen Stellen regelrecht widerwärtig. An solchen Stellen kam mir ein Bild in den Sinn, von einem geschniegelten Fatzke aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, der jenseits jeglicher Fähigkeiten, eigenständig zu überleben und zu überlegen, nichts Besseres zu tun hatte, als die Welt, der er seine Existenz zu verdanken hatte, zu verprellen, zu beleidigen und zu verletzen.
Der Text, der mich eigentlich auf das Buch brachte, war »Dem Elend probesitzen«, ein Stück, in dem Goldt versuchte, Malta als das Prunkstück europäischen Elends darzustellen, letztlich aber nicht mehr schaffte – jedenfalls in den Augen eines Leser, der Malta inzwischen recht gut kennt –, als zuzugeben, dass er von Malta keine Ahnung hatte und hat und in seinem Text eigentlich nur die Eindrücke eines typischen, vorab völlig unbeleckten Eine-Woche-Malta-Standard-Urlaubers verarbeitete, die genauso dumm, blöde und irrelevant sind, wie die Ansicht von soundsoviel Prozent der Deutschen, dass Mallorca nur aus Ballermann 6 bestünde und sonst nichts geboten wäre. Goldt jedenfalls outet sich in diesem seinem Text als genau die Sorte Deutscher, die ich persönlich – als Deutscher und als Malta-Liebhaber – auf den Inseln nicht sehen möchte, im Gegenteil: Ich könnte ihn mir noch gut in der Rolle in den völlig schiefgehenden Dreharbeiten (im Irak!) zur Verfilmung von Paulus’ Strandung 60 n. Chr. auf dem vermeintlichen Malta vorstellen, mit all den Fiaskos, die man sich bei solchen Dreharbeiten vorstellen kann: explodierende Kameras, Regisseure mit Herzinfarkten, Haie im SFX-Seebecken und ersaufende Schauspieler, denen man statt Rettungsringen Bleigürtel zuwarf.
Am schlimmsten von allem aber ist, dass ich zwar finde, dass man Goldt durchaus mal lesen sollte, und wenn es nur ist, zu sehen, was für Schriftsteller ungestraft veröffentlicht werden, während andere nahezu verhungern müssen, daß ich aber auch finde, dass er keinesfalls gerühmt gehört – jedenfalls nicht im Kehlmannschen Kontext – und darüber hinaus nicht nur nicht ausgezeichnet, sondern dass derjenige, der wagen sollte, diesen Schmierfinken auf höchstem Niveau auszuzeichnen, auf übelste Weise mit viel schlimmeren Dingen misshandelt werden sollte, bis der gerechte und verdiente Tod eintritt.
Morgenstund‘ jedenfalls meinte, sie hätte kein Goldt ihm Mund. Den hätte sie bei der ersten Gelegenheit ausgekotzt und nicht wieder angeleckt. Ich für meinen Teil bin sicher, dass ich von solcherlei Literatur keine Ahnung habe, und ich gebe unumwunden zu: Gut so, Haitel, weitermachen!
Jens‘ Kommentar bezieht sich auf einen Thread im Malta-Online-Forum (unter https://www.malta-blogger.com/forum/index.php?topic=2288.msg10028;topicseen#msg10028). Das als Info für möglicherweise irritierte Leser.
Was ein Pseudokriminalhoerspiel mit Max Goldt zu tun haben soll, erschliesst sich mir nun gar nicht.
Er ist Satiriker, ueberspitzt somit die Wahrheit (-> Wiki), um Otto Normalverbraucher einen Spiegel vorzuhalten. Somit ist er kein klassischer Hoerspielautor, waehrend der Krimi ernst zu nehmende Unterhaltung darstellen soll. Damit hat er allerdings Besserwissertum zum Beruf gemacht, was Otto Normalbesserwisser auf die Palme bringen koennte…
Das Buch QQ ist bereits 2007 erschienen und vereint Kolumnen aus der Satirezeitschrift „Titanic“. Wer „Titanic“ mag, mag auch Max Goldt.
In der Tat in geballter Form schwere Kost, aber immer intelligentes Wortspiel. Der Malta-Absatz hat mich auch die Stirn runzeln lassen – aber auch er lebt von ueberspitzter Darstellung.
Also: Kein Grund zur Aufregung – und OT (Olles Thema)!