Kim 11

Nein. Sie ist nicht jünger geworden. Leider. Sie ist immer noch 12 Jahre alt. 12 ½ inzwischen.
Aber heute vor 11 Jahren haben wir sie zu uns geholt. In einem kleinen Tierheim in Odelzhausen (bei München) abgeholt. Da war sie gerade mal einen Tag in Deutschland. Mit einem Transporter aus Ungarn gekommen. Wir hatten vorher Bilder von ihr bekommen. Nachdem wir zuvor schon einmal dort gewesen waren. Da war sie noch nicht da. Und die Hunde, die da waren, waren nicht unser Fall.

Kim 2011, eines der Fotos, die wir bekamen, bevor wir uns für sie entschieden. Eines der Fotos, wegen denen wir uns für sie entschieden.

Als wir sie holten, war sie irgendwie klein. Unscheinbar. Müde von der langen Fahrt aus Ungarn. Sie nahm ein paar Leckerlis. Und wirkte abwesend. Wir hatten noch nichts. Keine Box, keine Ausrüstung im Wagenheck. Sie lag zwischen den Füßen meiner Frau im Fußraum. Was in den ersten Stunden daheim passierte, daran erinnere ich mich nicht mehr.
In den ersten Tagen zeigten sich die bei Hunden aus den ehemaligen Ostblockstaaten typischen Probleme. Angst vor Männern, jedenfalls Abneigung gegen diese. Kein Wunder. Die Tierfänger in diesen Ländern sind nicht nur ausnahmslos Männer, sondern auch Arschlöcher. Nicht nur, dass Kim – die eigentlich Gigi heißt, aber so nennt man keinen Hund – von einem Metzger sterilisiert wurde: Die Narbe ist gute zwanzig Zentimeter lang (heute sieht man sie kaum noch). Später erfuhren wir, dass auf sie geschossen wurde – nicht ungewöhnlich nach einem anderthalbjährigen Leben auf der Straße (zwei Diabolos wurden entfernt, der dritte sitzt verkapselt und harmlos direkt an der Lunge).

Kim 2011. Noch eines der »Werbefotos«. Hier hatte sie sehr große Ähnlichkeit mit meiner ersten Kim …

Kim zeigte mir meine Grenzen. Der Umgang mit ihr war schwierig. Ich dachte nach der ersten Kim, die ich hatte, ich würde mich auskennen. Aber ich machte Fehler. Die Teleskopleine, die mir aus der Hand fiel und hinter dem armen Hundemädchen herjagte, die erfolglos zu flüchten versuchte, zum Glück nur bis zur Haustür. Es gelang mir zwar, als Futtermeister eine Rolle zu spielen. Aber es blieb schwierig. Einmal biss sie mich in die Hand – mein Fehler, eindeutig.
Am Ende war es eine Hundetrainerin, die den richtigen Weg zeigte. Mit einer Wasserpistole. Durch sie – die Trainerin und die Wasserpistole – lernte Kim, dass ich derjenige war, bei dem sie in Sicherheit war. Und das war der Hebel, der umgelegt werden musste.

Kim im Februar 2022. (Hinter ihr Naomi.)

Heute ist Kim alt. Ich liebe sie. Wir lieben sie. Sie ist immer noch kein vollständig einfacher Hund. Sie lässt sich ungern knuddeln. Aber sie ist ein wundervoller Hund geworden, wundervoller, als wir jemals vermutet hätten.
Und heute ist sie alt. Sie schläft viel. Wenn sie nach dem Schlaf aufsteht, ist sie wackelig. Und auch draußen läuft sie eher wackelig. Und nicht mehr so lange. Längst nicht mehr so lange. Fünfzehn, zwanzig Minuten, selten mehr. Kurze Strecken, manchmal nicht mal mehr ein Kilometer.
Sie ist alt. Wir vermuten, dass sie uns in absehbarer Zeit verlassen wird. Über die Regenbogenbrücke gehen wird, wie man als Hundebesitzer sagt. Wir hoffen, dass sie einfach einschlafen wird, dass wir sie nicht wegen irgendetwas einschläfern lassen müssen. Und irgendwie stehen die Chancen gut. So alt sie ist, eines ist unverändert: Ihr Hunger, ihr Appetit auf alles, was essbar ist – inklusive Obst und Gemüse in jeder Form.
Heute vor elf Jahren haben wir sie zu uns geholt. Es war eine gute Entscheidung. Es ist noch immer eine gute Entscheidung. Und es wird eine gute Entscheidung bleiben.

Es ist schön, dass du bei uns bist, Moppelkäfer.

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