Dann ist man vielleicht ein kleines, fünf Jahre altes, rotbraunes Hundemädchen aus Rumänien, dessen vergangenes Leben mit den vermutlich nicht immer schönen Erlebnissen im Dunkel der Zeit verborgen liegt …
Die im Grunde illegale Silvesterballerei in Winnert am letzten Tag des Jahres 2021 war erkennbar schlimmer als im Jahr zuvor. Damals waren die deutschen Durchgeknallten (sic!) gegenüber dem Verbot des Verkaufs von Silvesterknallern unvorbereitet; 2021 war genügend Zeit, sich über alle möglichen dubiosen Quellen – auch im Internet (und nicht etwa im Darknet) – zu versorgen. Und es ist ja egal, dass auch das Abfeuern gebunkerten Sprengstoffs nicht erlaubt war. (Und die Frage, dass nichtprofessionelle Feuerwerker [vulgo: Privatpersonen] außerhalb eines sehr eng gefassten Zeitraums im Jahr überhaupt keine Sprengstoffprodukte nutzen dürfen, war ja schon immer Gegenstand umfassenden Unwissens, Unverständnisses und letztlich zivilen Ungehorsams.)
Aber wen interessiert heutzutage überhaupt noch das Wohl anderer. In Zeiten der Corona-Diktatur, die es auch dem letzten Spinner erlaubt, aus seinem Dreckloch zu kriechen und seine Volksverhetzung in der Öffentlichkeit auszuwalzen, ist sich jeder selbst der Nächste. Und was sind schon Tiere. Hunde kann man hierzulande nicht fressen, also ist deren Wohl völlig unwichtig. Wie das von Katzen, Schafen, Ziegen, Rindern … Die Liste ist endlos.
Kim, unsere ungarische Prinzessin, hat sich überraschend gut gehalten. Sie war entspannt, es gab keinen Augenblick, in denen sie die Angst zeigte, die wir eigentlich erwarteten, weil es in früheren Jahren immer so war. Sie war immer die Ängstliche, wenn es knallte. Auch die Schüsse von Jägern – als wir noch in Bayern lebten, umgeben von Wäldern – haben sie immer erschreckt. Und selbst letztes Jahr noch … Diesmal war sie entspannt und ruhig, fast desinteressiert, ignorant. Es ist fraglich, ob das Altersweisheit ist, nach dem Motto: »Ich hab nicht mehr lang, was soll ich mich also noch aufregen?« Aber vielleicht ist es auch nur altersbedingte Schwerhörigkeit, denn sie hört in der Tat schlechter als in früheren Zeiten. In ihrem Alter kann sie sich das erlauben.
Naomi war nicht so entspannt. Sie war erkennbar beunruhigt. Das äußert sich dadurch, dass sie beim Gassigehen immer hinter sich blickt, dass sie keine Leckerlis nimmt, wenn wir unterwegs sind. Daheim schläft sie nicht, sondern sitzt oder liegt irgendwo, den Kopf erhoben, die Ohren aufgestellt; die sind dann auch ständig in Bewegung, um die Geräuschquelle zu orten, die sie irritiert.
Susi indes ist der klassische Fall, wegen dem ich die Ballerei – inklusive der Idioten, die sie veranstalten – hasse wie die Pest. Sie reagiert schlicht panisch. Draußen reagiert sie auf den ersten Böller, indem sie an der Leine anzieht, nach vorne, weg, nur weg. Zu Hause verkriecht sie sich in den dunkelsten Ecken – vor allem unter meinem riesigen Schreibtisch. Da lag sie gestern Abend und auch noch heute morgen an Orten, die nie zuvor ein Hund gesehen hat. Das Frühstücksleckerli versuchte sie im Papierkorb ihres Frauchen zu verspeisen – und so zierlich sie mit ihren siebzehn Kilo sein mag, der war dann doch ein wenig zu klein für sie. Erst mittags ging es ihr dann besser und inzwischen – es wird langsam Abend – geht es ihr erkennbar gut. Sie ist nun wie immer.
Die Menschen, die all die Probleme kennen, die mit der Ballerei verbunden sind – Umweltverschmutzung, Lärm, Angst bei Tieren und durchaus auch Menschen, Verletzungsgefahren –, und die trotzdem ballern, halte ich für latent psychisch krank. Ich habe schon öfter Initiativen und Petitionen unterstützt, die sich für das vollständige Verbot der Silvester- und jeder anderen sinnlosen Ballerei einsetzen, und ich werde das auch weiterhin tun – und 2022 in noch größerem Umfang. Denn für mich bleibt es dabei: Ich hasse euch! Alle! Und ich halte es für fraglich, ob ihr ein gutes neues Jahr überhaupt verdient habt.
P.S.: Und auf dem abendlichen Gassigang begegneten wir einem Ehepaar mit ihren zwei Kindern. Und die Gören hatten nichts Besseres zu tun, als mit irgendwelchen übrig gebliebenen Knallerbsen rumzumachen. Und Susi und Naomi waren wieder da, wo sie am Vorabend waren …