Captain Yugi Nagata: We’re going to die!
Alex Hopper: We are going to die. You’re going to die, I’m going to die, we’re all going to die … just not today.
Der Film, den ich in meinem Leben am allermeisten gesehen habe, ist noch nicht alt. »Battleship« (Director: Peter Berg, USA 2012, https://www.imdb.com/title/tt1440129) heißt er. Laut IMDb-Angaben war er finanziell ein Flop. Und auch nach dem, was ich sonst so gelesen und gehört habe, soll der Film nicht gut sein. Ganz im Gegenteil: Als Fan dieses Films hört man vor allem die Unterstellung, dass man ihn ja nur wegen Rihanna gut fände und anschauen würde, was völliger Blödsinn ist, es sei denn, man fährt auf farbige Mädchen in US-amerikanischen Navy-Uniformen ab.
Wie auch immer: Ich habe diesen Film inzwischen weit über 120mal gesehen. Und das Videofile liegt auf meiner Festplatte an einem der schnellstmöglich zugänglichen Orte, so dass ich ihn jederzeit wieder sehen kann. Und immer wieder.
Und seltsamerweise wird er nicht langweilig, eher noch im Gegenteil. Inzwischen kann ich ganze Dialoge auswendig mitsprechen. Ich kenne die Szenen und wann sie in der Timeline auftauchen – sekundengenau. Und dennoch – der Film wird nicht langweilig.
Und ich kann nicht sagen, woran es liegt, dass ich diesen Film mag, immer wieder gerne anschaue – und woran die Faszination festzumachen wäre, die der Streifen auf mich ausübt. Die Figuren sind nicht über das in US-amerikanischen Spielfilmen mit hohem Actiongehalt hinausgehend detailliert gestaltet. Die Handlung ist klar, zielgerichtet, es gibt keine wirklich überraschenden Wendungen, ein paar Haken vielleicht, wie sie ein Hase auf dem Feld schlagen mag, aber nichts Weltbewegendes. Im Grunde ist die Handlung sogar … klischeehaft.
Und das ist möglicherweise eine der Erklärungen. Denn zu den Klischees US-amerikanischer Filme mit hohem Actiongehalt, gerade solche, die etwas mit dem Militär, mit Kriegen u. ä. zu tun haben, gehört das Bild des Patriotismus, das diese Filme vermitteln. Die Amerikaner haben zu ihrem Land und zu ihrer Rolle in der Welt eine ganz besondere Beziehung, die wir Europäer meist nicht nachvollziehen können, oder jedenfalls eher belächeln als verstehen. Die Deutschen sind in Bezug auf das Unverständnis des amerikanischen patriotischen Bildes besondere Vorreiter, denn aufgrund ihrer heute noch ungemein wichtigen Historie ist es dem Deutschen nahezu unmöglich gemacht, patriotische Gefühle zu entwickeln, patriotische Gedanken zu hegen, ohne gleichzeitig auch ein schlechtes Gewissen zu haben. Die Israelis – nur als Beispiel, weil man die Israelis als Nation gerne mit den Juden als Volk gleichsetzt, obwohl Juden kein Volk, sondern Angehörige einer Religionsgemeinschaft sind – haben wiederum eine andere Einstellung zum Patriotismus, sind sie doch von ständigen Anfeindungen und Angriffen umgeben, die mehr als genug Leben kosten, und wenn sie sich ihres Patriotismus’ bewusst werden, dann müssen sie sich am Ende dadurch entschuldigen, dass die Deutschen einen Großteil Schuld daran mittragen, dass die Israelis so sind, wie sie sind (obwohl die Existenz Israels den Briten zuzuschreiben wäre).
Wie auch immer: In den allermeisten Fällen wirkt der in US-amerikanischen Filmen vermittelte Patriotismus rein, sauber, ehrlich, direkt, man verbindet ihn beinahe zwangsläufig mit lauter Adjektiven, die man in einem deutschen Film ähnlicher Ausprägung nicht zu finden glauben würde und einem russischen Film von vornherein gar nicht erst zuzusprechen bereit wäre.
Dass aber auch solche US-amerikanischen Filme, bei denen der Patriotismus so eine mehr oder minder große Rolle spielt, während die Handlung scheinbar eher die Action als Mittelpunkt hat, rassistische Elemente haben, steht außer Frage. In »Battleship« sind die Bösen die Aliens, und sie sind böse, ja. Aber die Art, wie die Menschen, die sich – durchaus mit Fug und Recht – verteidigen, mit den Aliens umgehen, das wäre in vielen Gegenden der Welt – und nicht zuletzt eigentlich auch im sogenannten Westen – kritikwürdig, herablassend, rassistisch. Ich spreche der einen Seite, die von der anderen angegriffen wird, nicht das Recht auf Selbstverteidigung ab. Aber es gibt eine dünne und nicht selten schlecht zu erkennende Grenze, jenseits der Selbstverteidigung eine solche nicht mehr ist.
Und dennoch bezieht ein Film wie »Battleship« seine Faszination aus genau diesem latenten, vielleicht nur minimalen Rassismus. Im Grunde ähnelt er den Rachefilmen wie »Ein Mann sieht Rot« und all den anderen Filmen dieser Art, denn Rache ist es im Grunde genommen, die die Menschen in »Battleship« antreibt, um die Aliens zu vernichten. Vorzugeben, dass die Menschheit zu retten sei, ist nett, gut und ein hehres Ziel. Es ist vermutlich auch ein wahres Ziel. Aber die Antriebskraft, die es Menschen wie den Navy-Soldaten in »Battleship« erlaubt, bis zum Sieg zu kämpfen, ist mehr: Es ist vielleicht nicht nur, aber es ist auch Rache.
Und ich selbst spreche mich nicht davon frei, Rachegefühlen in mir selbst Raum geben zu wollen, Raum zu geben. Ganz im Gegenteil. Ich bin zwar kein nachtragender Mensch, wie manch einer, der mich kennt, wird bezeugen können, aber ich besitze immer und grundsätzlich die Bereitschaft, mich auch zu revanchieren, wenn es sich anbietet und vielleicht sogar sinnvoll erscheint.
Was das mit »Battleship« zu tun hat? Vielleicht nicht viel. Vielleicht alles. Keine Ahnung. Vielleicht ist es heute nur noch ein Magnetismus der Gewohnheit, der mich immer wieder diesen Film anschauen lässt. Es ist ein wenig so, als würde man sich eine lang laufende Serie anschauen. Auch wenn sie in diesem Falle nur aus einer Folge besteht.