Uns armen Seelen in Oberbayern war ja diesen Sommer alles beschert, nur kein Sommer. Schöne Bescherung. Dennoch gab es einige Tage, an denen die Hunde froh waren, mittags auf einem schattigen Weg Gassi geführt zu werden.
Einen solchen Weg gibt es von Murnau-Westried aus zum Staffelsee hinunter. Zwanzig, fünfundzwanzig Gehminuten, zum See hin leicht abschüssig, ansonsten recht flach, jedenfalls schattig und sehr angenehm. Meist sehr angenehm.
Noch in Westried, quasi am Anfang des Weges, gibt es eine Erhebung, nicht sehr groß, einfach ein Huckel, wie man hier sagt. Auf der Nordseite ist die Erhebung recht flach abschüssig, auf der Südseite deutlich steiler. Der Boden besteht aus Erdreich von lehmartiger Konsistenz; vielleicht ist es sogar Lehm, das kann ich nicht beurteilen. Der Boden neigt zu Zeiten stärkerer Regenfälle – und davon hatten wir halt dieses Jahr mehr als genug – jedenfalls dazu, schmierig-matschig zu sein, was neben den Verschmutzungseffekten auch nicht ganz ungefährlich ist, geht es doch bergauf und bergab. Oder besser: huckelauf und huckelab.
Um den Aufstieg auf der Südseite zu erleichtern, hat man eine Art Treppe angelegt. Die einfache Variante: quer eingesetzte Holzbretter, geschotterte Erde aufgeschüttet, passt, sitzt, wackelt, hat Luft, wie man hier sagt. Auf der (von unten gesehen) linken Seite gibt es einen Handlauf, auf der rechten Seite eine »Spur« für Pferde, Mountainbiker und andere Radlfahrer.
Und damit hat es sich dann auch.
Der Boden ist, wenn er feucht ist, schmierig-matschig, wie gesagt. Die »Pferdespur« rechts ist ausgetreten – und wenn der Schmiermatsch die Herrschaft angetreten hat, ist es möglicherweise nicht ganz einfach, seinen Gaul nach oben zu bringen. (Naja, man könnte ihn auch im Stall stehen lassen. Oder woanders hinführen.) Was macht also das clevere Reiterblondchen mit seinen drei Gehirnzellen? Richtig – es führt den Gaul über den Weg, der sinnvollerweise von nicht berittenen und auch nicht beradelten Bürgern genutzt werden sollte. (Und auch voll uneingeschränkter Freude genutzt werden würde, wenn es den cleveren Reiterblondchen nicht erlaubt würde, die freie Wildbahn zu behelligen.)
Immerhin will ich den Reiterinnen – ich habe tatsächlich nur einmal hier in der Gegend einen Kerl auf einem Gaul gesehen! – und ihren Pferdeäpfeltankern nicht die alleinige Schuld geben. Die eierlosen Yuppies auf ihren Mountainbikes sind auch nicht wesentlich intelligenter. Den Handlauf auf der linken Seite des Aufstiegs hat nämlich ein Mountainbiker umgerannt, der – was bei Bikern öfter vorkommt, wie ich aus eigener Erfahrung weiß – sein Gesäß nicht von seinem Sattel bekam und meinte, auf schmierig-matschiger Unterlage nach unten fahren zu müssen – selbstverständlich über die Stufen. Fazit: Kontrolle verloren, Handlauf umgenietet, abgehauen. (Das Foto des umgenagelten Handlaufs stammt von Mitte August; der liegt allerdings seit Anfang 2014 so da herum.)
Auf der Nordseite geht das Spielchen dann weiter. Der Abhang dort ist, wie erwähnt, flacher und eigentlich einfacher zu begehen. Gäbe es Gäule und Bikes nicht. Denn vor allem durch die Pferde, die hier offensichtlich ständig entlanggeführt werden, ist der größte Teil des Abhangs auf der Nordseite für Fußgänger nicht begehbar: ausgetreten, aufgewühlt, fast wie ein frisch bestellter Acker, schmierig-matschig. Und wenn die eine Spur nicht kommod erscheint, dann wird halt eine neue angelegt.
Am Ende führte das dazu, dass einige Hundebesitzer – darunter meine Wenigkeit – begannen, einen neuen Weg für Fußgänger zu erschließen. Der geht ein Stück auf dem Huckel gen Westen, bevor man dann den Abhang nach unten geht.
Schöne Idee. Und auch nicht wirklich schwierig zu realisieren.
Es wundert indes nicht, dass inzwischen auch dieser Weg von cleveren Reiterblondchen und eierlosen Mountainbikern kaputt getrampelt und -geradelt wird. Drei sorgfältig laminierte Schilder mit dem Hinweis, dieser (neue) Weg sei nur für »Fußgänger ohne Rad und Gaul«, waren innerhalb von nicht einmal vierundzwanzig Stunden verschwunden.
Ich gehe den Weg eigentlich gerne. Ich würde ihn noch viel lieber gehen, wenn ich den Eindruck haben könnte, dass andere Leute den Weg auch mögen. Wenn Reiter(innen) einsehen würden, dass die Strecke für Pferde nicht wirklich sinnvoll geeignet ist – schon wegen dieser Erhebung. Und wenn eierlose Mountainbiker nicht nur an dieser Stelle, sondern auch anderenorts ihren Arsch vom Sattel bekommen würden. Aber ich denke, es wird bei Hütter-Storys zu diesen Themen (z. B. hier) bleiben, anderenfalls vorher die Hölle zufrieren oder der Teufel zur Begrüßung Caipirinha servieren müsste. (Und trotzdem stelle ich mir die Frage, wie das Thema »Umweltschutz« jemals zu einem Erfolgsmodell werden soll, so lange Menschen selbst im Kleinen und Kleinsten so mit ihrer Umwelt umgehen.)