Bernd Walter (Hrsg.)
JUBILÄEN UND ANDERE KATASTROPHEN
XUN präsentiert 09, Freie Redaktion Xun, Heilbronn & Books on Demand, Norderstedt, Oktober 2010, Paperback, 132 Seiten, ISBN 978 3 8423 0726 1
VORBEMERKUNG
Bernd Walter ist einer dieser »Altachtziger Fans«, die mal eine Pause einlegten und irgendwann zurückkehrten, der Fantastik auf die Beine zu helfen. XUN ist eine alte Hausnummer, und das erste Blättchen mit diesen drei Buchstaben erschien 1980 – also vor dreißig Jahren. Und die im Folgenden besprochene Anthologie ist die Jubiläumsparty zu »30 Jahren XUN«. Wie auch immer meine Rezi ausfallen wird: herzlichen Glühstrumpf. Denn dreißig Jahre sind immer – bemerkenswert.
WORUM GEHT ES?
Fantastische Kurzgeschichten. Keine SF pur, in den meisten seiner anderen Publikationen stellt Bernd fest, dass es um Fantastik geht. Und das merkt man auch.
Bemerkenswert sind zwei Storys. Marc Navarros »Jubila« ist eine SF-Story um eine wirklich provokative Art der Nachbearbeitung von Ehescheidungen. Stilistisch immerhin 8 von 10 Punkten wert. Und Andreas Dresens »Bittermanns Entscheidung«, die Geschichte über die Frage, ob man wirklich bis zum Ende des Universums arbeiten sollte. Muss man nicht, kann man aber – dank Körpertausch. Keine perfekte, aber auch keine üble Story. 7 von 10.
WIE IST DER STIL?
Neben den beiden genannten Geschichten: fannisch, amateurhaft, anfängerstilistisch. Was nicht schlimm sein muss, möglicherweise sein kann, aber eben nicht muss. Jeder hat mal angefangen. Und es ist immer noch schön und gut, ein Forum für seine ersten Gehversuche zu bekommen. Könnte man auch im Internet machen, da gibt es ja genug Möglichkeiten. Aber bitte … wenn jemand das gedruckte Buch anbietet, wäre ich auch der Letzte, der den Kopf schüttelt.
WAS GEFIEL NICHT?
Die übrigen, nicht genannten Storys, die ich aber hier erwähnen möchte:
Marius Kuhles »Neunundneunzig und eine« ist eine im Mittelalter angelegte Horrorstory um Hexenverbrennungen; die letzte haut halt nicht so hin (4 von 10). – Andreas Zwengels »Hunger« ist eine weitere Horrorstory um ein hungriges Haus; liest sich wie schon tausend Mal da gewesen (2 von 10). – W. Berner ist einer von Bernd Walters Stammautoren – böse ist, wer sich was Pseudonymes dabei denkt ‹g›; sein »Alles Liebe zum Jubiläum« ist gut gemeint, aber viel zu vorhersehbar (4 von 10). – Stefanie Lasthaus’ »Das Wunschhaus am Meer« ist die wievielte Horrorstory genau? Wieder ein gruseliges Haus, diesmal mit eingebautem Vampir; Mittelmaß (4 von 10). – Chris Mouns »Jahrestag« ist eine bemüht auf Horror gemachte, leicht verknotete Beziehungskiste mit Schwächen, aber noch einigermaßen okay (6 von 10). – Angela Schenkers »Europa« ist mal eine echte SF-Story um die Bewohner des Jupitermondes Europa; leider eine sehr flache, sehr berichtsartige Geschichte mit einem slapstickhaften Ende (4 von 10). – Zu guter Letzt liefert Dirk Radtke mit »Verpflichtet« eine vorhersehbare Horrorstory um einen unausweichlichen und nicht ganz angenehmen Karriereknick; nette Idee, leider versaut (4 von 10).
WAS GEFIEL?
Die Idee (und das wird auch so bleiben), so eine Anthologie herauszubringen. Nicht, dass ich die veröffentlichten Beiträge so diskreditieren möchte, aber in unserer Welt sind nicht nur Spitzenverdiener, Genies und Weltmeister wichtig. Die Neapolitaner können vielleicht bestätigen, wie wichtig Müllmänner sind …
EIN PAAR ZITATE GEFÄLLIG?
Nee, lass mal gut sein.
ZU EMPFEHLEN?
Jein. Alte XUN-Fans sollten natürlich zuschlagen. Neue XUN-Fans auch. Fans von Amateurliteratur jeglicher Qualitätsstufe – klar, keine Frage.
Wichtiger für Bernd und die Idee wäre es vielleicht, wenn sich Leute fänden, die mitarbeiten würden. Denn es gibt eine ganze Reihe Dinge, die verbesserungsfähig – aber auch verbesserungswürdig – wären. Und nur, weil ich dem Gesamtwerk 3 von 10 Sternchen geben würde, heißt das nicht, dass es nicht wichtig wäre.
NOCH WAS?
Natürlich. Wisst ihr doch. – Diese (wie auch andere) XUN-Publikationen sind leider in bestimmter Beziehung ein Beispiel für die mangelhafte und den Ruf der BoD-Produktionen schädigenden Qualität solcher Werke, die eigentlich nicht sein müsste, wenn man es genau nimmt.
Die Schriftart ist extrem ungünstig, weil zu breit laufend. Gemeinsam mit dem Bausparerformat DIN A5 ergibt sich ein extrem negativer Eindruck. Die Schrift ist nicht gut lesbar, auch wenn die Zeilen nicht zu lang sind, aber der echte Weg, den die Augen zurücklegen müssen, bleibt zu lang. Dazu kommen ständig wiederkehrende Layoutfehler, z. B. bei Absatzeinrückungen. Die Texte haben keinerlei Korrektorat erfahren, strotzen vor Rechtschreib- und Grammatikfehlern, die bis zur Sinnentstellung reichen.
Mit ein wenig Gespür für Optik, mit einem Word oder OpenOffice, mit einem Duden Korrektor oder wenigstens überhaupt einem Duden (oder zur Not auch der Word-Rechtschreibprüfung), mit einer automatischen Silbentrennung und vor allem einer Korrekturlesung auf einer Papierfahne ließen sich solche wirklich nur als »schwer« zu bezeichnenden Schwächen leicht abstellen.
Hoffen wir. Also.