Frei nach den Prinzen: Das ist alles nur versaut

Matthias Falke
BRAN
Atlantis-Verlag, Stolberg, Februar 2013, Titelbild/Umschlag: Timo Kümmel, Lektorat/Satz: André Piotrowski, Paperback, 252 Seiten, ISBN 978 3 86402 062 9

VORBEMERKUNG
Wenn ich für einen Roman fünf Wochen brauche, dann ist das ein Zeichen. Wenn ich bereit war, eine zweistellige Zahl an Gelegenheiten nutzen zu wollen, die Lektüre vorzeitig zu beenden, dann ist auch das ein Zeichen. Warum ich das Buch dennoch gelesen habe – angesichts der Tatsache, dass ich es nach ca. 40 Seiten nur noch überflog –, ist mir selbst nicht klar. Es muss etwas mit Masochismus in bedenklichem Umfang zu tun haben.

WORUM GEHT ES?
Rangkor und Zhid sind zwei Welten, die konkurrieren – und sich nicht grün sind. Als der Politiker Richards verschwindet, beauftragt der Senator Brighton den Spezialisten Straner, auf Zhid herauszufinden, was geschehen ist. Denn da gab es ja noch einen anderen Vorfall, dreißig Jahre früher …
Zu erwähnen ist zweierlei:
Richards ist nur auf Rangkor verschwunden, und zwar so, dass sich niemand – außer dem Senator Brighton – an ihn erinnert; auf Zhid ist Richards bekannt und verhasst.
Den Weg in die Vergangenheit findet Straner über eine Zeitmembran.

WAS GEFIEL?
Nichts.

WAS GEFIEL NICHT?
Alles.
Es gibt zu diesem Roman eine Quasi-Vorlage, die Kurzgeschichte »Das Zeit-Bran«, die in der STORY-CENTER-2010-Anthologie »Inzucht und die denkbare Gesellschaft« das Thema zwar leicht verfehlte, die aber als Kurzgeschichte einen großen Vorteil hatte: Sie war kurz, knackig, zielgerichtet, stringent, gut geschrieben (auf den Punkt, könnte man sagen), spannend, faszinierend – trotz des nicht genau getroffenen Anthologiethemas.
Die zum Roman aufgeblasene Geschichte »Bran« ist nur noch eine Qual. Die Handlung ist so verwässert, dass man am Ende des Buches nicht wirklich klar darüber ist, ob Straner nun herausgefunden hat, was geschehen ist, oder nicht, oder ob er einfach nur die Zukunft veränderte, indem er 30 Jahre in der Vergangenheit irgendein Weib poppte, das möglicherweise die Mutter der in der Gegenwart zukünftigen Herrscherin war.
Der Roman ist vor allem auch aufgrund einer Eigenschaft Falkes eine Qual, die wohldosiert eine Wonne ist, die aber in diesem Umfang – und vor allem als Mittel, eine Kurzgeschichte zum Roman aufzudonnern – eine wahre Zumutung ist: Bilder. Falke schafft es seitenweise nicht, irgendetwas zu beschreiben, ohne dazu zu formulieren, wie etwas ist. Nichts ist, was es ist, alles ist wie etwas anderes. Da wird nicht einfach erwähnt, dass der Himmel blau ist, nein, der Himmel ist blau wie zerbrochene Diamantsplitter. Und es sind immer Bildvergleiche, die nicht wirklich stimmig sind. Wenn ich einen blauen Himmel weitergehend beschreiben wollte, würde ich Bilder wählen, die möglicherweise Erinnerungen im Leser hervorrufen: Der Himmel ist blau wie am Strand an einem heißen Sommertag. Falke zerschlägt seine eigenen Bilder im gleichen Augenblick, in dem die Chance bestünde, dass die Farbe doch noch trocknen könnte.
Und das ist eine Qual ohnegleichen. Vor allem am Anfang des Romans führt diese Qual dazu, dass man aufhört zu lesen. Man kann es einfach nicht mehr sehen, dieses »Wie-wie-wie-wie«. Zusätzlich zu diesem sich ständig selbst vernichtenden Bilderreigen bringt diese Art des Schreibens und Beschreibens die Geschichte nicht um irgendeinen Millimeter weiter. Es ist einfach nur

Zeitverschwendung!

Und von Papierverschwendung will ich gar nicht reden.

ZITAT GEFÄLLIG?
Ich würde gerne, aber ich wüsste nicht, was ich zitieren sollte. Jedes Zitat würde den Zusammenhang der Qual zerstören. Es bliebt nur ein Pieksen, ein Kopfschütteln, das sich auf einen unglücklich formulierten Satz Falkes ebenso beziehen könnte wie auf eine dämliche Zitatauswahl meinerseits. Die Qual, seitenweise dahinzudümpeln, die Hände nicht ins Wasser zu bringen, um sich vorwärts zu bewegen, keinen Ereignishorizont zu sehen, der einem Hoffnung geben könnte, die kann man nicht mit einem einfachen Zitat darstellen.
Es gibt bei amazon.de einen »Blick ins Buch«, der ziemlich vorne anfängt (mit Kapitel 1), der als Zitatersatz dienen kann.

ZU EMPFEHLEN?
Nein. Nein. Nein. Auf gar keinen Fall.

NOCH WAS?
Ich mag nicht alle Sachen von Matthias Falke, aber einige. In diesem Fall hätte er die Finger von der Geschichte lassen sollen. Er hat der Story keinen Gefallen getan, seinem Roman nicht, seinem Ansehen als Autor auch nicht, und dem Atlantis-Verlag sowieso nicht.

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