Anja C. Josten
MALTAMANIAC
Books on Demand, Norderstedt, 2008, Paperback, 272 Seiten,
ISBN 978 3 8370 7546 5
Auf dieses Buch kam ich durch Sigrid, eine fleißige Mitstreiterin im Malta-Forum. Sie fragte, ob ich das Buch kenne, sie überlege noch, weil es doch recht teuer sei. Und in der Tat – der Preis von EUR 18,90 ist nicht unhappig; im Nachhinein eigentlich sogar unverschämt (aber dazu später mehr). Da ich Komplettsammler bin, was Literatur zu Malta und das Drumherum angeht, bot ich an, das Ding zu beschaffen und mal reinzuschauen.
Habe ich auch gemacht. Man hat ja einen Ruf zu verlieren.
»Maltamaniac ist eine spannende Kriminalgeschichte, die, wie der Titel schon verrät, auf der kleinen Mittelmeerinsel Malta spielt. Es ist eine Kriminalgeschichte mit Pfiff und enthält einige unvorhersehbare Wendungen. Die Hauptdarstellerin Nina ist eine Deutsche, die seit mehreren Jahren auf Malta lebt und arbeitet. Der besondere Clou an diesem Buch ist, dass viele Dialoge in einfachem Englisch verfasst sind. Dies gibt dem Leser ein authentisches Gefühl, wie es ist, als Ausländer/in in einem fremden Land zu leben und sich mit einer anderen Sprache, als der Muttersprache zu verständigen. Das Buch eignet sich hervorragend dazu, Ihr Englisch etwas aufzubessern und kann auch verstanden werden, wenn man nur Grundkenntnisse der englischen Sprache beherrscht. Lassen Sie sich überraschen!«
Dieser Klappentext erweckt den Eindruck, als ob es sich hier um einen Sprachführer handeln könnte, der seine Lektionen in eine Kriminalgeschichte verpackt hat. Weit gefehlt. Völlig vorbei. Ich weiß nicht, was die Autorin wirklich mit diesem Klappentext bezweckte, aber ihrem Buch tut sie damit keinen Gefallen.
Die Geschichte ist recht einfach und bei Weitem nicht nur ein Krimi. Es gibt auch genügend … naja … fantastische Elemente, leider von so einer Sorte, wie man sie heute quasi an jeder Straßenecke vor die Nase gesetzt bekommt.
Nina, die Hauptdarstellerin, ist Mitarbeiterin eines mobilen Krankendienstes. Und Hexe, wie sich herausstellt. Sie gerät in eine Mordserie hinein, die irgendwie mit ihr zu tun haben muss, denn der Serienmörder macht es sich schnell zur Angewohnheit, ihr den besten Platz bei der Entdeckung seiner Opfer zu reservieren. Am Ende gibt es ein, zwei, nein, eigentlich sogar drei Showdowns – und dazu das inzwischen scheinbar nicht mehr wirklich vermeidbare Schlusskapitel – nach dem Epilog! –, bei dem man den Verdacht nicht los wird, dass hier die Fortsetzung vorbereitet wird.
Zu diesem Buch ist viel zu sagen. Leider nicht viel Positives. Die Geschichte selbst ist okay. Der Plot ist okay, er ist nicht sensationell neu, er ist nicht genial, er ist nicht preiswürdig, aber er ist okay. Die Autorin ist sogar durchaus in der Lage, diesem ihren Plot eine ordentliche Spannungskurve zu geben, die dem Werk bis zum ersten Showdown – dem Tod des Serienmörders – ordentlich Drive verpasst. Nach diesem ersten Showdown zeigt die restliche Handlung leider, dass die Autorin offensichtlich auf die falschen Filme oder die falsche Literatur abfährt; aus dem mit dem Hexending nur gering und noch erträglich verseuchten Krimi wird so eine abgedrehte Horror-Fantasy-Klamotte, wie sie sonst nur Amis unter die Menschheit zu bringen vermögen (warum auch immer; ich denke immer, der Rest der Menschheit stirbt vorher vor Scham, bevor ein solcher Film oder ein solches Buch vermarktet werden kann).
Die Geschichte ist immerhin so gut, dass es auch den Unzulänglichkeiten der schriftstellerischen Fähigkeiten der Autorin nicht gelingt, die Spannung kaputtzumachen – bis zum ersten Showdown, wie gesagt. Im Gegenteil. Teilt man das Buch in Sechstel auf – das sechste Sechstel ist der Klamottenteil nach dem ersten Showdown –, dann sind die Sechstel No. 3, 4 und 5 trotz der für Bücher, die im Books-on-Demand-Prinzip erscheinen, typischen Probleme richtig, richtig gut.
Das Problem solcher Bücher ist das übliche. Die Autorin hatte eine gute Idee, aber nicht die schriftstellerischen Fähigkeiten, sie wirklich adäquat umzusetzen. Ihr Stil ist ungelenk, unsicher, unhandlich, ungeübt. Zugegeben, es gibt schlimmere Autoren solcher Bücher. Aber auch hier erkennt man nur oft – man liest es nicht wirklich –, was die Autorin eigentlich ausdrücken wollte, obwohl sie Worte wählt, die eine ganz andere Bedeutung haben. Darüber hinaus finden sich die typischen Anfängerautorenfehler, wie die wiederkehrende Wiederholung von Wörtern innerhalb kurzer Abstände, die Wiederholung von bereits geschilderten Sachverhalten in ebensolchen Abständen – ganz extrem im sechsten Sechstel, da schreibt sie ein Kapitel aus zweierlei Sicht fast komplett zwei Mal –, die Verwendung von Worten, die da gefühlt nicht hingehören, insgesamt eine Aneinanderreihung von Problemstellungen, die es nötig gemacht hätten, nicht nur die Mama und die Freundin (laut Danksagung am Buchende) an das Werk ranzulassen, sondern irgendjemanden, der sich mit der deutschen Sprache auskennt und nicht vor Ehrfurcht ob der angehenden Nobelpreisgewinnerin Anja C. Josten erzittert, während er das Werk liest.
Darüber hinaus finden sich die typischen Ärgerlichkeiten bei solchen Produktionen, die mir immer die Haare aufstellen. Das Buch ist offensichtlich mit Word oder OpenOffice gemacht worden und über den EasyBoD-Treiber bei Books on Demand, Norderstedt, hochgeladen worden. Von Layout keine Spur. Es gibt keine Seitenzahlen. Die Ränder zwischen Text und Papieraußenseite sind so groß, dass man den unnötig geschundenen Wald noch knarzen hört; zur Buchmitte hin sind die Ränder im übrigen zu klein. Der Text ist anderthalbzeilig angelegt. Man zahlt also die oben schon erwähnten EUR 18,90 in allererster Linie für unbedrucktes Papier. Neben dem fehlenden Lektorat gab es natürlich auch kein Korrektorat; mit der Zahl der Tipp- und Satzfehler könnte man einen Kiosk aufmachen, wenn es dafür Bedarf gäbe. Die Absätze sind nicht eingerückt, was das Lesen nicht wirklich erleichtert – stellenweise ist es richtig ärgerlich, nicht erkennen zu können, wo ein neuer Absatz beginnt; den meisten Menschen mag das nicht wichtig sein, weil sie sich darum nicht scheren, ich für meinen Teil habe ein Hirn, das an solchen Stellen eine Reaktion zeigt, die sich dann wieder auf den Eindruck auswirkt, den die Geschichte hinterlässt.
Am ärgerlichsten für mich jedoch ist die Tatsache, dass ich dieses Buch eigentlich aus meiner Sammlung verbannen könnte. Denn abgesehen vom Titel – »Maltamaniac«, dazu könnte man eigentlich auch noch was sagen –, vom Titelbild – dunkel, kontrastarm, irgendeine der maltesischen Kirchen … – und von der Erwähnung einiger maltesischer Orts- und Straßennamen, und selbstverständlich abgesehen von der Vergabe typisch maltesischer Namen an die Figuren, abgesehen von all diesem könnte der Serienmörder genau so gut in London metzeln, der Kommissar genau so gut – oder besser? – in Schweden ermitteln und die krankenpflegende Heldin in Hamburg ihre Patienten abarbeiten. Nichts, gar nichts, überhaupt nirgendwo irgendetwas hat spezifisch mit Malta zu tun, ist typisch für Malta, zeigt einem Leser, dass die Autorin wirklich irgendeinen Bezug zu der Insel hat, der über das reine Vegetieren auf diesen Inseln hinausgeht.
Über die Autorin, nebenbei, erfährt man nichts. Wenn man im Netz schaut, findet man auf Amazon eine Rezension – bestehend aus Klappentext plus Zweizeiler – eines Stefan Josten – vermutlich ihr Bruder –, in der die Herkunft und die Tatsache erwähnt werden, dass sie, die Autorin, auf Malta lebt. Sonst: Fehlanzeige.
Mein Fazit: Die Story an sich ist gut. Die Ausführung ist in jeder Hinsicht schlecht, miserabel (und für weitere passende Attribute brauche ich dann doch mein Schimpfwörterbuch). Hätte man an das Stück jemanden herangelassen, der sich mit so was auskennt, wäre ein passabler Krimi herausgekommen. Hätte man noch jemanden herangelassen, der sich mit Malta auskennt, wäre ein passabler maltesischer Krimi herausgekommen. So kam für mich nur ein Buch heraus, dem ich einen Verriss widmen konnte. Danke. Eigentlich mache ich das nicht gerne. Aber wenn, dann.
Edit 01.10.2015: Der Link auf malta-forum.eu funktioniert nicht mehr, das Forum wurde gelöscht. Die Welt ist böse.