Sprachlosigkeit, linguistisch

Im VDS-Infobrief vom 23.01.2021 ging es auch um Linguistik ohne Sprache; die Quelle in der FAZ liegt einmal mehr hinter einer Bezahlschranke (hier).

Nachgereicht wird hier noch eine Zusammenfassung eines ganzseitigen Artikels des Potsdamer Sprachwissenschaftlers Peter Eisenberg in der F.A.Z. vom 8. Januar. Darin liest er den Vertretern der »Genderlinguistik« und besonders der Duden-Redaktion die Leviten. »Der Duden bildet sich offenbar ein, er könne auf diese Weise den allgemeinen Sprachgebrauch manipulieren, um dann festzustellen, der Gebrauch habe sich verändert und er folge ihm.« Die gendernden Sprachwissenschaftler entzögen ihrer Disziplin den Forschungsgegenstand, die Sprache. »Denn wo bleibt eine Disziplin, die ihren Gegenstand erst einmal politisch zurichtet, statt ihn zu bearbeiten, wie er ist«, so Eisenberg.

Teilaspekte der Gendersprache nimmt sich Eisenberg aus sprachwissenschaftlicher Sicht einzeln vor: Das Gendersternchen habe keine sprachliche Funktion, es vermittle ausschließlich die Einstellung seiner Anhänger, »das Einfordern einer Unterwerfungsgeste«. Eisenberg unternimmt sogar den Versuch, das Gendersternchen sprachstrukturell einzuordnen, kommt aber zu dem Schluss: Grundlegende sprachliche Formmittel des Deutschen und universelle Silbenbaugesetze würden hier außer Kraft gesetzt. »Wer überhaupt sprachliche Fakten anerkennt, gelangt zu dem Schluss, dass die Verwendung von Stern und vergleichbaren Zeichen schon aus sprachinternen Gründen sowohl im Geschriebenen als auch im Gesprochenen zu unterbleiben hat.« Beim Einsatz des substantivierten Partizips (Mitarbeitende) solle ein grammatischer Wandel erzwungen werden, den es in der Sprache nicht gibt. Und das generische Maskulinum heißt deswegen generisch, weil es sich bei Personenbezeichnungen nicht auf das natürliche Geschlecht bezieht. Das beweise ein Satz wie »Die meisten Leser von Christa Wolf sind Frauen.«

Eisenberg erklärt auch noch einmal ausführlich den Begriff Markiertheit und warum die Versuche der Genderlinguistik, sich geschlechtsneutral auszudrücken, untauglich sind. Er schließt mit diesen Worten: »Richtig ist, dass die Etablierung eines generischen Maskulinums im Deutschen historisch mit der gesellschaftlich absolut dominanten Rolle des Mannes begründet ist. Die kann und sollte man ändern, aber nicht gegen die Sprache, sondern mit ihr. Allein sprachliche Aufmerksamkeit wäre die halbe Miete. Das generische Maskulinum wird uns noch eine Weile erhalten bleiben, gerade weil es und nur es sexusneutral ist.«

In einem Punkt stimme ich nicht zu: Denn der Mann erklärt nicht, auf welcher historischen Grundlage das generische Femininum zustande gekommen sein soll, wenn unser Deutsch ein männlich dominiertes Deutsch ist (was schon in jedem Plural nicht stimmt).

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