Marc A. Herren
GESÄNGE DER NACHT
Pabel-Moewig Verlag, Rastatt, 2009, Perry-Rhodan-Extra 9, Heftroman, 68 Seiten
PERRY RHODAN ist schon lange nicht mehr mein Ding. Vor vielen Jahren habe ich ihn auch gelesen, gesammelt, teilweise sogar in drei Auflagen (1., 2. und 5.), ich habe – übrigens immer viel lieber als die Serie – die Taschenbücher (die sogenannten »Planetenromane«) gelesen. Irgendwann war dann Schluss. Ich weiß nicht mehr, wann, ich weiß auch nicht mehr, warum. Ich weiß noch, dass ich 2002 meine inzwischen fast vollständige Serie bei Ebay verkaufte – für einen jämmerlichen Preis (aber schon damals hat man für eine praktisch komplette Erstauflagenserie nicht mal mehr den Papierpreis bekommen …).
Dass ich heute noch Berührungspunkte mit PERRY RHODAN habe, die durchaus über ein Normalmaß hinausgehen, liegt an verschiedenen Dingen. Ich bin Herausgeber und Chefredakteur der ANDROMEDA NACHRICHTEN des SFCD e.V., ein Magazin, das durch Ralf Boldt und seinen Hauptmitarbeiter Robert Hector eine große und kaum zu übersehende Präsenz in den ANDROMEDA NACHRICHTEN zelebriert. Ich kenne Klaus N. Frick seit vielen Jahren, und diesen beiden Umständen ist es wohl auch zu verdanken, dass ich mehr oder minder regelmäßig mit Rezensionsexemplaren von Pabel-Moewig aus beschickt werde. (Wofür ich mich an dieser Stelle auch einmal bedanken möchte …)
Die Mom’Serimer sind ein Völkchen, das das Raumschiff SOL – ganz früher war es mal das Generationenraumschiff, heute ist es wohl nur noch ein Fernraumschiff – vor Äonen der Zeit – ich habe irgendwas von 20 Millionen Jahren in der Vergangenheit im Kopf – in einer Gegend, die man NACHT nannte, aufnahm, bevor es durch unglückliche Umstände seine Existenz hätte aushauchen müssen. Die Mom’Serimer liessen sich auf der SOL nieder, suchten sich ihr Eckchen, machten es sich dort gemütlich – und gut.
Viel, viel später dann, zum Ende des letzten Zyklus der Heftreihe PERRY RHODAN selbst hin, kam es dann zu einer großen Auseinandersetzung zwischen Terranern und der Superintelligenz KOLTOROC, und in all dem Drumherum konnten die Mom’Serimer die Gelegenheit ergreifen, sich als begnadete und vor allem siegreiche Kämpfer zu profilieren.
In dem PERRY RHODAN EXTRA 9, das Marc A. Herren, der bekanntermaßen demnächst als regulärer Perry-Rhodan-Autor zum Team stoßen soll – oder schon gestoßen ist –, geht es um die letzten Tage eines Teils der Mom’Serimer auf der SOL, es geht um ihren »alten« Führer Lord Aratoster – »alt« in Anführungen, weil die Mom’Serimer eine Lebenserwartung so um die 20 Menschenjahre herum haben –, seinen Sohn Milo und einen seltsamen Mom’Serimer namens Seramir in der Rolle eines Propheten, der das Volk gegen ihren Chef aufzuwiegeln scheint. Es geht auch um Perry Rhodan, natürlich – und das, was sich da abspielt, läuft in einer unkritischen Nebenhandlung, einer »Schleife«, ab, die in sich selbst genau so unkritisch ist, wie sie es hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Serie an sich ist – und sein muss.
Am Ende wird ein Teil der Mom’Serimer auf der SOL bleiben, ein größerer, anderer Teil wird auf einem neuen Planeten zurückbleiben, um sich einer neuen »kosmischen Bestimmung« zu widmen, die von ihrer Bedeutung her so »kosmisch« gar nicht ist, die die Mom’Serimer aber zu beschäftigen weiß.
Genau das ist der Knackpunkt bei diesem Volk. Eine Rasse Intelligenzen, deren Angehörige eine Lebenserwartung haben, die so kurz wie 20 Menschenjahre ist – und die für diese Intelligenzen noch umso kürzer wirkt, als sie durch den Kontakt mit anderen Intelligenzen immer den Vergleich haben, wie viel kürzer ihre Zeit in dieser Welt bemessen ist –, müssen ständig beschäftigt sein. Lange Rede hat wenig Sinn, es ist nur Zeitverschwendung; weshalb die Mom’Serimer auch so schnell sprechen, dass man sie bisweilen kaum versteht (beim Lesen hat man es da einfach, man kann immer wieder nachlesen, bis man es geschnallt hat). Und auch solche Dinge, die wir Menschen ja mit unseren lächerlichen durchschnittlich achtzig Jahren Lebenserwartung so sehr genießen, wie Herumsitzen, Chillen, große Meeting und langwierige Besprechungen, all das ist nichts für die Mom’Serimer. Und da erscheint es auch dem ganz offensichtlich langlebigeren Seramir besser, die Mom’Serimer mit der Bewachung von an sich nicht mehr wichtigen Anlagen der Terminalen Kolonne TRAITOR zu beschäftigen, als das Risiko ungesteuerter Aktivitätsschübe einzugehen.
Der Roman liest sich schnell und flüssig, Herrens Stil ist angenehm und stilsicher. Das kleine Pflichtstückchen hier passt gut in die Reihe dessen, was ich zuletzt so an Kleinigkeiten aus dem Perryversum gelesen habe – nein, die eigentliche Serie war nicht dabei –, und insofern gibt es keine Enttäuschungen. Aber zugegebenermaßen auch keine große Begeisterung.
»Lässt sich lesen« würde meine Großtante Hedwig dazu vielleicht sagen. »Und brennt danach auch gut«, würde ich mir dann wahrscheinlich denken – was an der Kälte draußen liegt.
P.S.: Dem EXTRA 9 ist, wie immer, eine Audio-CD beigefügt, diesmal mit der Novelle »Eine Nacht in Terrania« von Frank Borsch. Die habe ich noch nicht gehört, ich weiß auch nicht, ob und wann ich das tue, aber wenn, dann werde ich es hier erwähnen. Versprochen.