Schriftbruch

Gerda Delbanco
KLEINER FRAKTUR-KNIGGE
für den Umgang mit gebrochenen Schriften
Delbanco Frakturschriften, Ahlhorn (mit Bund für deutsche Schrift und Sprache, Hannover), 2009 (5. Aufl.), Broschüre mit Rückenstichheftung, 24 Seiten, ISBN 978 3 930540 15 0

VORBEMERKUNG
Die Firma Delbanco Frakturschriften ist eine kleine Firma, die Schriften für PCs und Macs herstellt, die allesamt zur Familie der sogenannten »gebrochenen Schriften« – vulgo: »Frakturschriften« (was nicht ganz korrekt ist) – gehören (z. B. Gotische, Schwabacher, Fraktur u. a.). Die Schriftdaten, die man dort käuflich zu durchaus günstigen Preisen erwerben kann, sind von ausgezeichneter Qualität. Und wer – wie ich – Freund und Fan solcher gebrochenen Schriften ist, wird irgendwann – wie ich demnächst – nicht umhin kommen, sich das ganze Delbanco-Paket (zum wirklich günstigen Preis von derzeit EUR 320,-) zuzulegen.

WORUM GEHT ES?
Gemeinsam mit dem Schriftenkauf bekommt man unter anderem diesen »kleinen Fraktur-Knigge«, in dem Frau Delbanco, die Chefin (wie zu vermuten ist) nebst einer Beschreibung des korrekten Umgangs mit gebrochenen Schriften auch etwas zur guten Typografie schreibt, wie auch – und das war für mich der interessanteste Teil – zur Geschichte der gebrochenen Schriften.
In diesen Ausführungen zur Geschichte der lernt man unter anderem auch, dass es die Nationalsozialisten waren – allen voran die Herren Bormann und Hitler –, die letztlich die Schuld daran tragen, dass die gebrochenen Schriften aus dem deutschen Schriftbild annähernd vollständig verschwunden sind, sieht man von antiquarisch auftauchenden Werken aus der Zeit vor den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ab.

WIE IST DER STIL?
Sachlich, angenehm vor allem, weil Anglizismen fehlen. (Ich fand es von Anfang an schwer beeindruckend, dass es bei der Firma Delbanco zum Beispiel kein Fax gibt, sondern ein »Fernbild«.)

WAS GEFIEL NICHT?
Dass die Broschüre so schmal ist. Über die gebrochenen Schriften würden mich noch viel mehr Dinge interessieren. (Und ich bin sicher, es gibt Literatur dazu; Frau Delbanco führt in den Literaturhinweisen eher Werke an, die sich mit Typografie und Layout über die gebrochenen Schriften hinaus auseinandersetzen.)

WAS GEFIEL?
Neben dem Thema das Layout.
Und die Idee an sich. Demjenigen, der die Delbanco-Schriften einsetzt, stellen sich anfangs zwei Hürden in den Weg: die abweichende Tastaturbelegung (die durch ein Merkblatt erläutert wird und letztlich ganz einfach zu merken ist) und der Umgang mit den Besonderheiten gebrochener Schriften, als da vor allem wären: das »lange s« und das »runde s« (und deren korrekter Einsatz) und die Ligaturen (Zusammenziehungen von Buchstaben; das »scharfe s« = ß ist eine ehemalige Ligatur aus dem »langen s« und einem »z« – deshalb bisweilen auch »sz« genannt –, die sich zu einem eigenständigen Buchstaben entwickelt hat).

EIN PAAR ZITATE GEFÄLLIG?
Und das soll hier auch mit einer Abbildung quasi zitiert werden:

Das ist schönes Layout. Sparsam, gediegen, und nicht nur aufgrund der wundervollen Schrift wunderschön anzuschauen.

ZU EMPFEHLEN?
Für Augenmenschen auf jeden Fall. Für Freunde gebrochener Schriften unbedingt. Und eigentlich sollte es jedem Deutschen anempfohlen sein, sich ein wenig für die Wiederkehr – wenn nicht auf breiter Front, so doch dort, wo es sinnvoll erscheint – der gebrochenen Schriften im deutschen Schriftbild einzusetzen. (Ich habe mir vorgenommen, das zu tun.)

NOCH WAS?
Manch einer mag sich fragen, warum ich hier eine solche Broschüre rezensiere, überhaupt erwähne. Das hat etwas mit meiner Leidenschaft für gebrochene Schriften zu tun – und mit einem Verein namens FantasyClub e.V. und seiner »Arbeitsgruppe« FOLLOW.  Jedenfalls weist mein Auto eine Beschriftung in der Koch-Fraktur auf, die man bei der Firma Delbanco käuflich erwerben kann. Und auch auf einer ganzen Reihe von T-Shirts aus dem Hause Spreadshirt findet sich diese Schrift wieder.

Und da wir ja in einem Land voller kluger, gut informierter und bei jeder Gelegenheit gerne auch mal klugscheißender Menschen leben, waren die bisherigen Gelegenheiten, dumm angemacht zu werden – darunter mehr als einmal der mehr oder minder liebevoll vorgebrachte Vorwurf, ich sei ein Neonazi – durchaus reichhaltig. Besonders schön kommt das übrigens aus der Richtung von Menschen, die so alt sind, dass sie die Zeit damals noch erlebt haben könnten …

Zu erwähnen sei hier übrigens auch noch die Heftserie »Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff« vom Anfang des 20. Jahrhunderts (1908 ff.). Marianne Ehrig, auch bekannt als Marianne Sydow, und ihr Sohn Ralph haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Serie wieder herauszubringen – im originalen Schriftbild! Also in Frakturschrift! Wen das interessiert, der kann sich auf www.villa-galactica.de weitere Informationen holen – und natürlich auch bestellen. Bislang (Stand Anfang November 2011) sind 60 Bände erschienen.

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