Föhnstörungen

Seehausen am Staffelsee, 09.10.2014. Der bayerische Föhn hat eben auch Nachteile. Nicht nur Kopfschmerzen. In den Köpfen mancher Zeitgenossen richtet er noch Schlimmeres an.

Eigentlich wäre dies eine Geschichte für Herrn Hütter, aber der ist gerade in Kanada auf einem TOGA, einem »Training für optimierte Gewaltanwendung«. Auf unserem Mittagsspaziergang geschah in Seehausen auf der Dorfstraße Seltsames.
Dort befinden sich zwei Bauerhöfe, direkt an der Dorfstraße, die nicht sehr stark befahren ist. Eine Dorfstraße halt. Einer der Bauernhöfe hat einen Stall direkt an der Straße, und die Tür stand offen. Kim, neugierig wie immer, blieb stehen, schaute hinein. Naomi tat etwas anderes: Sie wich hinter mir zurück, was ich aber nicht gleich realisierte. Ich zog an der Leine, um sie von der Fahrstraße herunterzuholen, aber sie folgte nicht, zog weiter weg von der Tür – und irgendwann hatte sie sich aus dem Halsband herausgewunden.
Naomi neigt nicht dazu, wegzulaufen, selbst dann nicht, wenn ihr nicht wohl ist, sie Angst hat. Bisher jedenfalls. Und so auch während dieser Situation nicht.
Aber sie stand mitten auf der Dorfstraße. Und in so einer Situation lässt sie sich nicht mit Leckerlis locken. Und während ich versuchte, sie zu mir zu holen, während sie immer wieder ein paar zögerliche Schritte auswich, wenn ich mich ihr nähern wollte, kam vom See her ein Auto.
Ich gab ein Handzeichen, dass der Fahrer anhalten solle. Keine erkennbare Reaktion. Ich verschärfte das Handzeichen durch heftiges Wedeln mit der Hand. Der Wagen wurde langsamer, aber anzuhalten gelang dem Fahrer nicht. Stattdessen ließ er den Wagen langsam auf Naomi zurollen – bis er sie berührte.
Naomi sprang erschrocken zur Seite. Natürlich. Sie lief noch ein Stück die Dorfstraße entlang, dann auf den Fußweg.
Ich trat dem Autofahrer eine Beule in den Kotflügel, und als er erkennbar darauf reagieren wollte, lehnte ich mich mit geballter Faust und brüllend (den O-Ton habe ich vergessen) auf seine Motorhaube, was er offensichtlich korrekt als Hinweis darauf verstand, was passieren würde, würde er seinen Wagen verlassen …

Naomi saß auf dem Fußweg. Sie ließ sich immer noch nicht locken, aber ich bekam sie dann doch wieder ins Halsband. Sie sah mich an, als sei nichts gewesen. Ich dachte an Herrn Hütter. Und ich hätte für Naomi eine Körperverletzung begangen, wäre der Typ aus seinem Wagen gestiegen.

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