Ostsee ist doch das Meer, Eckernförde, 09.06.

Früh raus, früh Frühstück, früh los. Das war die Maxime des Tages, denn Eckernförde, das Planziel, lag nicht ganz um die Ecke. (Die genaue Entfernung erinnere ich nicht, aber der Navi errechnete zunächst eine Fahrzeit von gut einer und einer Viertelstunde.)

Unser Urlaub diente ja eigentlich der Entscheidungsfindung, ob uns die Ostsee oder die Nordsee besser gefiele. Ausgangslage war, dass die Gattin meinte, die Nordsee sei mehr Meer als die Ostsee, rieche besser und so weiter. Ich hielt dagegen, dass die eigentliche Nordsee an den Außenufern der friesischen Inseln zu finden sei, nicht jedoch an den Küsten des Festlandes – da sei Watt. Und die Ostsee sei vielleicht nicht so stürmisch wie die Nordsee, aber dafür richtiges Meer, direkt am Ufer, mit Stränden, die man auch direkt aus einer Ortschaft heraus erreichen könnte, ohne zuvor x Kilometer neulandgewonnener Landschaft überwinden zu müssen. Spätestens heute hat sich diese Erkenntnis auch bei meiner Gattin durchgesetzt. Immerhin gab es einen Handschlag: Die Zukunft gehört der Ostsee.

Dass Eckernförde Ziel Nummer eins – nach Rendsburg, aber das liegt ja nicht direkt an der Ostsee – war, war eher Zufall. Kiel steht auch noch auf dem Plan, Schleswig, Kappeln. Flensburg ist uns zu weit – zumal wir so weit im Norden (und so nah an Dänemark) eh nicht leben wollen.
Der Navi hatte irgendwie einen merkwürdigen Tag. Ohne, dass an den Einstellungen gebastelt worden wäre, wählte er von Schülp aus eine Route, die alle Element des Merkwürdigen und Unverständlichen in sich vereinte. Pampa quer, und es wäre auch alles gut gewesen – gute Straßen, wenig Verkehr -, hätte es da nicht eine Vollsperrung gegeben, wegen der wir den Navi ein wenig aus dem Tritt bringen mussten. Und die kleine Garmin-Kuh kann eine ziemlich störrische sein.
Auf den letzten Kilometern ignorierte ich, was Frau Garmin von mir wollte, und richtete mich schlicht nach lesbaren Hinweisschildern. Klar, ich weiß, dass das so gar nicht geht, mit so einem Stück empfindlicher Technik so umzuspringen, aber bitte –


Ohne Worte …

Eckernförde hat – neben einem durchaus beeindruckenden Flair für eine Kleinstadt – einige Vorteile. Zahlreiche Parkmöglichkeiten im Zentrum, Touristeninformation gleich daneben, Strand gleich daneben, Einkaufsstraße gleich daneben, Altstadt gleich daneben. Die Entfernungen in Eckernförde sind, wenn man die wichtigen Sachen gesehen haben möchte, nicht groß und leicht zu bewältigen. (Tatsächlich sind wir den Innenstadtbereich irgendwas zwischen fünf und acht Mal abgelaufen.)
Anfangs richteten wir uns nach einer letztlich eher zweifelhaften Karte aus der Touristeninformation, um einige Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Erste Fotos wurden gemacht, erste Probleme tauchten auf, als die Kirche Sankt Nicolai nicht dort schien, wo sie laut Karte sein sollte (es stellte sich aber heraus, dass die ungünstige Farbwahl der Karte Missinterpretationen unterstützte).
Wir gingen zum Hafen hinunter, ich machte Fotos. Wir gingen durch die Altstadt, ich machte Fotos. Wir gingen durch die Einkaufsstraße, da machte ich keine Fotos. Wir gingen an der Strandpromenade entlang – auf dem Strand waren Hunde selbstverständlich nicht erlaubt -, und ich machte Fotos.

Sankt Nicolai war eine Enttäuschung. Als wir zuerst dort ankamen, lief eine Messe. Als wir beim zweiten Mal dort ankamen, war die Messe zu Ende, aber das ganze Volk blockierte noch den Vorplatz und den Innenraum der Kirche. Wir entschieden also, zuerst etwas für das leibliche Wohl zu tun und den Hunden eine Ruhepause zu gönnen, aber als wir nach dem Mittagessen an die Kirche kamen, war sie verschlossen. Trotz der Information, dass sie von Montag bis Donnerstag von irgendwann bis 17 Uhr geöffnet sei. Offensichtlich ist der Pfingstmontag kein Montag. Jedenfalls nicht in Sankt Nicolai.

Das Mittagessen war immerhin ein Highlight. Meine Gattin wollte eigentlich mit Meerblick speisen, aber an der Promenade gab es nur Pommes- und Wurstbuden sowie einen Chinesen. Ich schlug den »Domkrug« vor, auch wenn Sankt Nicolai kein Dom ist. Aber der war voll besetzt. Jedenfalls auf den Schattenplätzen. Die Alternative war der »Ratskeller« am Rathausmarkt, und der hat sich durchaus gelohnt. Gehobenes Preisniveau – zum fast üblichen Leid meiner Gattin (ich zahlte …), gehobene Qualität. Ich hatte ein vorzügliches Schollenfilet mit Kartoffeln, dazu zwei Erdinger Weiße (in hell) und zum Abschluss einen Espresso und einen sehr schönen Grappa Sensea Moscato (den ich hier namentlich erwähne, damit ich ihn mir nicht merken muss; denn bemerkenswert und merkwürdig ist er allemal).

Nach dem Mittagessen und dem Sankt-Nicolai-Fiasko begaben wir uns in Richtung des Hundestrandes. Ich hatte wenig ernsthafte Erwartungen. Immerhin war der Hundestrand offiziell als solcher bezeichnet – aber die Hundestrände in Büsum waren auch so auf den Karten zu finden, ohne dass sie wirklich existierten. Und dann war ja noch die Frage, was man an der Ostsee unter einem Hundestrand verstand. An der Nordseeseite bestand Leinenzwang, wenn es überhaupt einen Hundestand gab –
Aber Eckernförde wusste zu überzeugen. Der Strand war zwar nur rund fünfhundert Meter lang, aber Hunde durften dort frei laufen. Es war voll. Viele Menschen waren dort, nicht nur mit Hunden, sondern auch einfach so – warum auch immer. Nun, es gibt ja bekanntlich Menschen, die keinen eigenen Hund haben, Hunde aber trotzdem mögen.
Naomi festigte den Eindruck ihrer Wasserscheu. Aber ich erinnerte mich daran, wie spinnefeind Kim dem Wasser gegenüber war – vor allem, wenn es sich bewegte -, als wir zum Beispiel 2011 an der Ostsee waren. Und heute …

Kims Begeisterung hielt sich allerdings auch in Grenzen. Was mich nicht wunderte. Das Meer in Sankt Peter-Ording am Tag zu vor war nicht nur flach, sondern vor allem ruhig. Die Ostsee am heutigen Tage war bewegter, es gab Wellen, es schwappte ordentlich – und nicht nur Kim war von diesem Verhalten des Wassers nicht uneingeschränkt begeistert, auch einige andere Hunde – vor allem kleinere – zeigten da gewisse Zurückhaltung. (Ganz im Gegensatz zu zwei Ridgeback-Mischlingen, die sich aufführten, als wollten sie zum Ausdruck bringen, dass sie seinerzeit eigentlich als Fische auf die Welt kommen wollten.)
Letztlich hat sich der Weg – der Hundestrand in Eckernförde liegt selbstverständlich am Ende der Strände, Richtung Süden – gelohnt. Eckernförde muss sich jedenfalls nicht den Vorwurf gefallen lassen, mit dem Label »Hundestrand« zu werben und dann nichts zu bieten.
(Nebenbei: Dem Kritiker sei noch die Information an die Hand gegeben, dass insbesondere der Hundestrand frei von Hinterlassenschaften war, und auch, was menschlichen Müll anging, sehr sauber aussah; was man von dem Menschenstrand schon fünfzig Meter weiter nicht mehr ohne Weiteres behaupten konnte.)

Zum Ausklang des Abends gönnten wir uns noch einmal die ganze Strandpromenade bis zum Hafen, überquerten die dortige Holzbrücke, um dann festzustellen, dass man auf dem Weg zur Borbyer Kirche doch tatsächlich einen Berg aufgeschüttet hatte. Eine Steigung! Unglaublich!!
Die Borbyer Kirche, die auch weithin sichtbar war – schon wegen der Lage auf dem Petersberg -, war laut Beschilderung auch bis 17 Uhr geöffnet. Und wir kamen um 17.05 Uhr an. Und da wir uns auch in Eckernförde in Deutschland befinden, gibt es keine Chance auf Schlamperei. Die Kirche war zu. Peng, aus, Äpfel, amen.
Auf dem Rückweg zum Auto wollten wir eigentlich noch ein Päuschen in einem Café einlegen, das wegen seiner Marzipanprodukte gerühmt wurde, aber wir fanden es nicht mehr. Ich tippte auf den Gänsemarkt, aber vermutlich war es doch der Rathausmarkt.
Egal.

Die Rückfahrt war problemlos. Die Hunde hatten mittags Obst bekommen; Kim ihren Apfel, Naomi ihre Birne. (Und es gibt Beweisfotos, dass unsere Hunde Obst goutieren!) Die Verdauung funktionierte einwandfrei, und so gab es seitens Naomi keinerlei Beschwerden unangenehmer Art. Im Gegenteil: Sie war vom Tag anscheinend sogar so fertig, dass sie wohl wirklich schlief – und sogar das aufgeregte Sabbern vergaß.
Und ich gönnte mir einen kleinen Sieg über den Navi, indem ich seine Vorschläge zur Route ignorierte und die B 203 wählte. Nicht unbedingt mit Zeitgewinn – aber mit der Möglichkeit, auch mal wieder ein wenig schneller als 80 km/h zu fahren. (Wenn nur meine Gattin nicht immer so panisch nach dem Haltegriff greifen würde, wenn ich auf offener und gut einsehbarer Strecke zu einem Überholmanöver ansetze. Das ist irgendwie beleidigend.)

Fazit des Tages: Heide bleibt auf der Liste. Eckernförde kommt mit drauf. Ganz oben. Der Handschlag in Sachen Ostsee ist bindend. Aber letztlich bleibt die Frage, wo ich als Hauptverdiener einen Job finde. Man wird sehen.

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