Gerd Scherm
DER NOMADENGOTT
Fantastischer Roman
Kontor für Kunst & Literatur, Colmberg (bzw. Books on Demand, Norderstedt), 2003, Taschenbuch, 245 Seiten, ISBN 3 8330 0568 8
VORBEMERKUNG
Das Buch ist inzwischen bald 10 Jahre alt. An der ISBN erkennt man, wer der wirkliche Verlag des Buches ist – doch es gibt keinen Grund, zu erschrecken. Im Gegenteil.
WORUM GEHT ES?
Die in Theben lebenden Hyksos sehen sich mit den Bestrebungen des amtierenden Pharaos konfrontiert, alle Fremden aus Ägypten werfen zu wollen. Und nicht nur die Menschen haben Probleme – nein, auch die Götter. Einer von ihnen, der Krokodilgott Suchos, verliert seinen göttlichen Hausschlüssel, und das ist gar nicht gut. Die Hyksos aus Theben benennen sich um in Tajarim – was so viel wie »Touristen« bedeutet – und machen sich auf den Weg gen Kanaan, ins gelobte Land. Seshmosis, Schreiber aus Theben und Hauptfigur, führt seinen Stamm in die Heimat zurück. Dabei findet er klein-göttliche Unterstützung.
WIE IST DER STIL?
Locker, flockig, höchst amüsant. Ich mag Themen aus dem alten Ägypten eigentlich nicht; allein die Idee der Zeit erinnert mich an alte, schwülstige Filmschinken und immer wiederkehrendes Präastronautikpseudofachleutegesülze, und meist schüttelt es mich. Scherm hat mich mit dem Thema voll versöhnt – schon durch seinen Stil.
WAS GEFIEL NICHT?
Sehr wenig. Das Layout ist nicht hundertprozentig gelungen, aber das ist jetzt Meckerei auf Ameisenniveau.
WAS GEFIEL?
Stil. Die Ideen; wenn man auf dem Rückentext Namen wie El Vis und Nostr’tut-Amus liest, denkt man sich schon mal seinen Teil (und der mag nicht immer positiv ausfallen), aber es gibt, wie gesagt, keinerlei Grund zur Beunruhigung. Wie Scherm das Wissen ums alte Ägypten von ca. 1500 vor Christus, um die Götterwelt der Ägypter und auch alttestamentarische Elemente verarbeitet, das kann sich gut sehen lassen. (Insofern hat er den BoD-Autoren-Award 2004 wohl durchaus zu Recht gewonnen!)
EIN PAAR ZITATE GEFÄLLIG?
Aus der Einleitung zum Thema Götter: »Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass vor allem der monotheistische Widersacher sich in vielerlei Gestalt häufig den Beischlaf erschleicht und so die teuflischen Heerscharen permanent durch Inkuben vermehrt. Diese sind dann verantwortlich für kopernikanische Weltbilder, Autobahnbaustellen während der Ferienzeit, den Erlass von Steuergesetzen, die Erfindung des Buchdrucks und die Entwicklung von Betriebssystemen wie Windows.« (Seite 9)
Und noch ein Meckerchen (Seite 177): »›Nun, ich gestehe, ich bin nicht wegen euch hier, Apis, sondern wegen eurer überaus attraktiven Begleiterin.‹« Das sollte »Euch« und »Eurer« stehen. Aber das ist wirklich Ameisenfickerei, ich bitte um Verzeihung.
ZU EMPFEHLEN?
Ja. Der Roman ist 2006 – so jedenfalls amazon.de – auch bei Heyne erschienen, sollte also problemlos zu bekommen sein (und amazon.de bestätigt das auch). Wer ihn noch nicht kennt und wer mal was Abwechslungsreiches zu ansonsten langatmig und langweilig (bis durchgeknallt) durchgekauten Themen lesen möchte, sollte sich das Werk unbedingt antun. Man gewinnt durchaus auch eine ganz andere Sichtweise auf die Dinge. Nicht zuletzt auch auf die gute alte Bybel … Verzeihung, Bibel …
NOCH WAS?
Ich werde das Buch nach der Lektüre meiner Schwiegermutter schenken. Die ist beinharter Alt-Ägypten-Fan und muss so was ab können :)