Einmal mehr: Filmreife Geheimnisse

Phil Rickman
DIE GEBEINE VON AVALON
Historischer Roman
THE BONES OF AVALON (2010), aus dem Englischen von Alexandra Hinrichsen, Rowohlt Polaris, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Oktober 2011, Hardpapercoverback :), 655 Seiten, ISBN 978 3 86252 001 5

VORBEMERKUNG
Phil Rickman kannte ich von den schon gelesenen Merrily-Watkins-Romanen (man suche in meinem Blog mit der Suchfunktion), denen ganz sicher noch welche folgen werden. Als ich hörte, dass er auch einen historischen Roman geschrieben hätte, war ich gespannt.

WORUM GEHT ES?
Der durchaus gute Rückentext darf hier helfen: »Panik am Hofe von Elisabeth I.: Der Astrologe Nostradamus hat den Sturz der jungen Königin vorhergesagt, sollte es ihr nicht gelingen, ›Die Knochen ihres Ahnherrn zu finden‹. Gleichzeitig wird ruchbar, in der gewaltigen Ruine des Klosters von Glastonbury sei das Grab von König Artus entdeckt worden. Sofort schickt Elisabeth den fähigsten Mann auf die Suche: Dr. John Dee, Hofastrologe und aller verborgenen Wissenschaften kundig. Doch Glastonbury ist eine Stadt voller Geheimnisse.«
Es war die Zeit der Hexenverfolgungen, des religiösen Wahns gegenüber Andersgläubigen, und die Ereignisse zeigen, dass die Zeit für wirkliche Veränderungen noch lange nicht reif ist.

WIE IST DER STIL?
Ein typischer Rickman. Die Hinrichsen steht als Übersetzerin der Kollegin Karolina Fell, die die ersten Watkins-Mysterys übersetzt hat, in nichts nach. Auch in diesem Roman arbeitet Rickman sehr stark mit Andeutungen, mit Abfolgen von Bildern, die in einem Film fast besser zur Geltung kämen, mit Cliffhangern – reihenweise! – und mit Überraschungs- und Schockmomenten. Das Buch ist magnetisch und hält einen durchgehend gefesselt.

WAS GEFIEL NICHT?
Am Text gibt es nichts auszusetzen. Vielleicht hätte Rickman stellenweise weniger undeutlich, nebulös vorgehen können, andererseits weiß ich nicht, ob das nicht das Vergnügen getrübt hätte. – Was mir nicht gefallen hat, war die technische Aufmachung des Buches. Gut, für 16 Euro kann man eigentlich kein wirkliches Hardcover erwarten, aber dann wäre ich doch gleich beim Paperback geblieben, anstatt so einen Hybridkram zu produzieren. Aber Hybrid ist ja heutzutage modern.

WAS GEFIEL?
Alles. Ich mag Bücher, die sich weniger darauf konzentrieren, ein literarisches Objekt besonderer Beachtung zu sein, als darauf, vor meinem inneren Auge einen Film abzuspielen. Das ist hier voll und ganz gelungen. Typisch Rickman, eben.
Gleichzeitig liefert das Buch hochinteressante und wissenswerte Betrachtungswinkel, die man sonst über die Tudor-Zeit nicht so geboten bekommt, vor allem nicht in Filmen (die ich zu dem Thema häufiger sehe als ich Bücher dazu zu lesen pflege).

EIN PAAR ZITATE GEFÄLLIG?
Diesmal nicht. Es lohnt sich nicht, weil jedes Zitat derart aus dem Zusammenhang gerissen wäre, dass man keinerlei Wert daraus schöpfen könnte. Man müsste, wie bei einem Film, einen Trailer entwickeln und zusammen schneiden – und ich bitte um Verständnis, dass ich mir das erspart habe.

ZU EMPFEHLEN?
Unbedingt. DIE GEBEINE VON AVALON ist ein Mysterythriller allererster Güte, der sich von Rickmans Watkins-Romanen eigentlich nur dadurch unterscheidet, dass die Handlungszeit eine andere ist.

NOCH WAS?
Ein Fehler ist mir aufgefallen. Der Roman spielt 1560. Auf Seite 34 erinnert sich John Dee an die Krönung Elisabeths – am Sonntag, 15. Januar 1595. Das ist so oder so ein Fehler. Selbst wenn es 1559 hätte heißen sollen (worauf der Satz »Vor etwas über zwölf Monaten.« schließen lässt) – Elisabeth I. wurde 1558 gekrönt. Aber das ist nur eine Kleinigkeit.

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