Da hat sich Joachim Huber im »Tagesspiegel« zu einer Verteidigungsrede hinreißen lassen, um der der einwandfreien Verwendung der deutschen Sprache im Wort unwilligen Jana Pareigis nach ihrer ersten »heute«-Moderation beizustehen. Gut. Das ist Joachim Huber unbenommen.
Allerdings begeht der gute Joachim Huber eine Fehlinterpretation – oder doch wenigstens eine Fehleinschätzung:
»Sprache gehört allen oder keinem, nicht Jana Pareigis, nicht dem Kritiker, nicht Joachim Huber. Wer immer aus seinem individuellen Sprachgebrauch eine allgemeine Ideologie abzieht, der schwingt sich zum Sprachpapst auf, der bedroht alle anderen mit Exmatrikulation und redet im Extrem der Inquisition der Sprache das Wort – also dem Schweigen.
Meine Sprache, Deine Sprache, Ihre Sprache: Ich möchte mich in meiner Sprache ausdrücken, mich darin wiederfinden, sie ist im persönlichen wie gesellschaftlichen Miteinander das, was mich ausmacht. Meine Sprache gehört mir. Die Sprache von Jana Pareigis gehört Jana Pareigis. Daran gibt es nichts zu kritisieren. In keiner Sprache.«
Das ist sogar grundsätzlich richtig – aber es sind gerade Genderschwänze und Gendermösen, die sich zu Sprachpäpsten aufschwingen. Denn das, was Joachim Hubert da postuliert, das gilt auch
- für Professoren an Universitäten und Hochschulen;
- für Studenten ebenda;
- für Politiker in Parlamenten in jeder Größe, vom Stadtrat bis zum Europäischen Parlament (Stichwort: Zürich);
- für Mitarbeiter in Behörden und Ämtern, gleich welcher »Branche«;
- für Mitarbeiter bei Volkswagen gegenüber der Konzerntochter Audi;
- für Mitarbeiter aller Konzerne und Firmen bis hinunter zur kleinsten Einheit;
- eben für alle Menschen.
Und das ist es, was Joachim Huber übersieht – dass heute insbesondere diejenigen, die am allerwenigsten von angeblicher Diskriminierung durch angeblich nicht genderkonforme Sprache betroffen sind, auch diejenigen sind, die zu verhindern suchen, dass wir, du, ich, wir alle unsere Sprache so verwenden, wie sie richtig ist, wie sie verständlich ist und auch bleibt. Und dabei nicht vor Methoden und Repressalien zurückschrecken, die es nötig machen, dass eine Züricher Stadtverordnete ihr Recht auf ungegenderte Einbringung von Anträgen gerichtlich erstreiten musste, wie auch ein Volkswagen-Mitarbeiter Audi verklagen muss, um von seinem Recht der Verwendung ordentlichen Deutschs Gebrauch machen zu dürfen.
Jana Pareigis indes empfehle ich wie allen anderen Fernseh- und Radiomoderatoren (sowie allen anderen Menschen) mit einem dieser neumodischen Sprachfehler, einen Logopäden aufzusuchen und sich nachfolgend an einer Grundschule ihrer Wahl in der deutschen Sprache auf den aktuellen, aber richtigen Stand der Dinge bringen zu lassen.