Fritz Reichert
TILLY AUF MARS UND VENUS
Verlag Wortgewaltig Werner Möhl, Hanau, 2009, Paperback, 54 Seiten, ISBN 978 3 940372 07 9
An Fritz Reichert geriet ich bei der Produktion der ANDROMEDA NACHRICHTEN 227, des Programmheftes zum BuchmesseCon 2009, wo er eine Anzeige für einige seiner Bücher schalten wollte, die ich dann gleichzeitig auch entwarf. Fritz ist älteren Kalibers; leider funktionieren die Links zu den Autoreninfos auf seiner deutschen Seite nicht, und auf der englischen Seite stehen nur Andeutungen, wenn man aber von seinem Jahr der Verrentung 1994 ausgeht, dann ist er wohl Jahrgang 1929 oder 1930. Er hat mehrere Bücher geschrieben, allesamt wohl SF-Titel oder jedenfalls Titel aus dieser Richtung, darunter auch solche in Englisch. (Die Tilly, um die es hier geht, gibt es auf www.march2044.com auch in Englisch, nur dass sie dort Samantha heißt.)
Das vorliegende Buch lässt sich kurz und knapp be- und umschreiben. In zwei Geschichten mit Tilly als Hauptperson, einer 15jährigen, die Probleme mit ihrer Mitschülerin Miranda hat, recht gescheit ist und einiges weiß, vermittelt der Autor mit einem Schreibstil, der sich an Kinder und Jugendliche richtet – ich würde mal sagen, ab 11, 12 Jahren – Wissen, in diesem Falle über den Mars und die Venus, Wissen, das sich einerseits auf Sagen und Mythen, auf die altertümlichen Rollen der beiden Planeten und Götter – als Götter spielen sie in den Geschichten mit – bezieht, andererseits auch auf neuzeitliche, wissenschaftliche, astronomische und astrophysikalische Erkenntnisse. Die Handlung der Geschichten ist simpel, ihre Absicht liegt klar und offen zutage; der Schreibstil des Physikers Reichert ist der Zielgruppe angemessen, die Texte lesen sich flüssig und angenehm, das Büchlein – mit nur 54 Seiten im A5-Format und einer 12-Punkt-Schrift ist es ja nun nicht mehr als das – liest sich locker und flockig in einem weg. Als Gutenachtgeschichten könnten die beiden Storys gut geeignet sein, vielleicht nicht mehr für 11- oder 12jährige, aber die Eignung für jüngere Kinder könnte man ja einfach mal ausprobieren. (Ich nicht, Kinder in dem Alter stehen mir nicht zur Verfügung.)
Ärgerlich ist die Tatsache, dass das Buch laut Amazon nicht mehr verfügbar und unklar ist, ob und wann es noch einmal verfügbar sein wird; möglicherweise liegt das daran, dass der Verlag wohl ein kleiner solcher ist und sein Programm nicht in den Großhandelskatalogen von Libri, Umbreit & Co. untergebracht hat (obwohl auf der Website solches behauptet wird), sodass man es in einer »normalen« Buchhandlung oder direkt beim Verlag versuchen könnte (im Webshop ist das Buch nämlich noch bestellbar).
Ärgerlich ist auch, dass der Macher der Druckvorlagen – der wohl der Verlagschef war, glaubt man dem Impressum – wenig Fachwissen von der Buchmacherei beizutragen hatte. Die CIP-Einheitstitelaufnahme der Deutschen Bibliothek gibt es nicht mehr; inzwischen heißt sie nicht nur Deutsche Nationalbibliothek, es reicht auch ein Hinweis auf den im Internet zugänglichen Katalog unter dnb.ddb.de. Die Grundschrift ist gefällig, aber an einigen Stellen – z. B. noch einmal im Impressum – wird wild und optisch unangenehm herumformatiert. Das Lektorat war wohl eher auf die künstlerische Freiheit des Autors bezogen, an einigen Stellen hätte ich vielleicht ein wenig härter zugegriffen. Ein Korrektorat ist vermutlich am Schluss jedenfalls unter den Tisch gefallen; es finden sich vor allem verwaiste und eindeutig falsche Trennstriche. Und die Positionierung der Bilder ist lieblos und eigentlich nur als »unter aller Sau« zu bezeichnen; zusätzlich zu den Copyright-Vermerken, die man auch anderswo hätte unterbringen können – in einem Bildnachweis am Ende zum Beispiel – wären nähere Informationen zu den Abbildungen sinnvoll(er) gewesen; so sind sie oftmals einfach nur Platzhalter für was auch immer.
Die Verarbeitung immerhin ist ordentlich, das glänzende Cover erweist sich gegenüber Fingerabdrücken als nahezu vollständig resistent.
Am Ende des Buches sind gleich vier weitere Tilly-Bände angekündigt, wobei es »Tilly auf dem Merkur« wohl jedenfalls schon in Englisch geben dürfte (»Samantha on Planet Mercury«); von den weiteren Veröffentlichungen ist auf der Verlagsseite www.wortgewaltig.de allerdings nichts zu lesen. Der »Verlag Wortgewaltig« ist übrigens ein Druckkostenzuschussverlag (DKZ), der auf seiner Website allerdings hinreichend darüber informiert.