S. J. Watson
ICH. DARF. NICHT. SCHLAFEN.
Original: Before I Go To Sleep (2011)
Scherz (S. Fischer Verlag), Frankfurt/Main, 2011. Paperback mit Klappbroschur, 398 Seiten. ISBN 978 3 651 00008 7
VORBEMERKUNG
Dieses Buch war das zweite, das ich mir als Lesevorrat Mitte Oktober in Schwerin kaufte. Erwartungsgemäß habe ich es dann erst daheim gelesen, und nicht weniger erwartungsgemäß nicht in einem Zuge.
WORUM GEHT ES?
Christine, die Protagonistin, hat durch einen Autounfall die Fähigkeit verloren, Erinnerungen zu speichern. Nicht nur, dass sie die Erinnerungen an ihre Vergangenheit vor dem Unfall verloren hat, sie kann alles, was sie den Tag über erlebt, nicht dauerhaft speichern. Wenn sie schläft, gehen auch diese Erinnerungen verloren.
Dr. Nash, ein Arzt, will ihr bei dem Versuch helfen, ihr Erinnerungsvermögen zurückzuerlangen. Ein wichtiges Werkzeug dabei ist ein Tagebuch, das Christine schreibt.
Und nach und nach zeigt sich, dass sich Ben, ihr Mann und der einzige Mensch, dem sie vertrauen kann, widersprüchlich verhält. Immer häufiger findet Christine heraus – und fixiert das in ihrem Tagebuch –, dass Ben sie belügt oder ihr jedenfalls nicht die ganze Wahrheit sagt. Und es sind viele entscheidende Dinge, die er ihr vorzuenthalten versucht. Ganz entscheidende Dinge …
WIE IST DER STIL?
Gut. Stellenweise ein wenig zu nüchtern, stellenweise ein wenig zu emotional, aber im Großen und Ganzen ist der Stil der Thematik ausgesprochen angemessen. Anfangs wirkt das Buch ein wenig schleppend – was auch an meinen persönlichen Befindlichkeiten zum Zeitpunkt der Lektüre gelegen haben könnte –, aber zum Ende hin wird der Text magnetisch. Um die letzten hundert Seiten nicht noch auf den nächsten Tag verschieben zu müssen, habe ich eine kleine Nachtschicht eingelegt.
WAS GEFIEL NICHT?
An einigen Stellen, wo ich das angemessen gefunden hätte, kommt zu wenig heraus, dass sie ein Problem mit ihrem Erinnerungsvermögen hat. Natürlich wäre es stupide, ständig darauf herumzuhacken, dass sie alles, was sie weiß, aus ihrem Tagebuch weiß, aber manchmal … Der Eindruck entsteht vielleicht auch irrtümlicherweise, denn der größte Teil des Romans, den man da liest, ist genau ihr Tagebuch, eingebettet in eine Rahmenhandlung zu Beginn des Romans sowie am Ende, wobei dort entscheidende Teile des Tagebuchs in eine sich dramatisch entwickelnde Jetztzeithandlung eingebaut werden (sprich: Während sonst immer nur davon die Rede ist, dass Christine das Tagebuch bereits gelesen hat, um ihre Erinnerungen wieder aufzufrischen, geht es am Ende des Buches darum, dass sie die letzten Seiten lesen muss, während sich um sie herum eine existenzielle Bedrohung aufbaut).
WAS GEFIEL?
Der Plot insgesamt ist gelungen. Er erinnert natürlich spontan an Filme wie »50 First Dates« oder »Memento«, wobei der erstgenannte sich von diesem Buch durch seinen Komödiencharakter unterscheidet, während »Memento« noch stärker durch die rückwärts laufende Handlung als durch den Plot in Erinnerung bleibt. Wäre dieser Roman gleichermaßen ein Film, würde er sich vermutlich mit den beiden genannten Streifen schön zusammenfügen.
EIN PAAR ZITATE GEFÄLLIG?
Aufgrund der Tatsache, dass ich das Buch nicht in einem Zug gelesen habe, habe ich diesmal auch keine besonderen Textstellen markiert. Es gibt sie vermutlich auch so zitatwürdig gar nicht. Die Handlung selbst ist interessanterweise durch zahlreiche Zeitsprünge, Visionen, aufblitzende Erinnerungen zerfasert und doch ausgesprochen homogen. Jedes Zitat wäre dementsprechend wohl aus dem Zusammenhang gerissen und wertlos.
ZU EMPFEHLEN?
Ja.
NOCH WAS?
Das Buch ist handwerklich in jeder Hinsicht Profiarbeit – natürlich. Ich frage mich allerdings immer häufiger, welchen sittlichen Nährwert eine Klappbroschur hat, außer, dass man auf die Klappen Informationen druckt, die man genau so gut auf den inneren Umschlag hätte drucken können …