Sterne, peinlich

Der Marktbote resp. die Marktbotin ist das amtliche Käseblättchen resp. das amtliche Käseblättinnenchen der Gemeinde und Gemeindinnen Murnau zur Desinformation und Desinformationin der Murnauer Bürger*innen.

Fällt was auf?

Der Marktbote ist kostenlos, landet im Briefkasten. Ungefragt, ungewollt. Früher war das Ding eine typografische Zumutung allererster Sahne. Mit einer Textverarbeitung – ich vermute Open- oder LibreOffice, denn MS Office würde ja Geld kosten, das dann dem Dienstwagen des Bürgermeisters nicht mehr zur Verfügung steht – »gesetzt«, mit unterstrichenen Beitragstiteln, Trennfehlern vom Feinsten und vielem mehr. Immerhin war der alte Marktbote informativ, was das Geschehen im Rathaus anging – im modernen Marktboten hat man solch tiefen Einblick gewährende Informationen zugunsten von Schmonz und Schmanz längst verbannt.

Der neue Marktbote wird professionell gestaltet. Keine Frage. Das sieht durchaus gut aus. Die Inhalte jedoch dürften aus dem Rathaus selbst stammen – und da hakt es dann aus:

Was soll das? »Werden Sie Familienpate*in!« Ich denk ja nicht dran – Sterne sehe ich normalerweise nur, wenn ich betrunken bin oder einen auf die Fresse kriege. »Als ehrenamtliche*r Familienpatin bzw. -pate haben Sie …« möglicherweise genau so viel an der Waffel, wie die Schriftsprachvergewaltiger, die einen derartigen Unsinn verzapfen, der sich im Übrigen durch den kompletten Marktboten im modernen Erscheinungsbild zieht. Ausgabe für Ausgabe.

»Pat*innen«, »Familienpat*innen« – man kann wirklich alles übertreiben. Schon das Gelaber von Politikern, Marketing- und Werbepappnasen, bis hin zu geschlechterbewussten Journalisten geht einem höllisch auf den Sack. Da wird nicht etwa sprachliche Intelligenz zelebriert und präsentiert, sondern schlicht und ergreifend Zeitverschwendung und peinliche Dummheit. Ein Pate ist ein Pate, egal, ob er Brüste oder einen Schwanz hat.
Und wenn schon, dann sollten diese Dummsprachler doch bitte konsequent sein. Was ist mit den Kompetenzinnen, den Gesprächinnen, den Selbstreflexioninnen, den Nähinnen und Distanzinnen in dem Satz »Dabei erlernen Pat*innen wesentliche Kompetenzen ­ u.a. das Führen …« usw. usf. Und f***! – ich habe doch glatt die Führinnen übersehen!

Murnau betrachtet sich als kulturell bemerkenswerten Ort. Münter, die Blauen Reiter, Franz Marc (der nach Kochel gehört), Ödön vön Hörvöth … äh, Ödön halt (der hier nur sporadisch gelebt hat, weil seine Eltern hier weilten), das ist in jedem Jahr richtig wichtig und Kristallisationspunkt für irgendwann langweilende Veranstaltungen. Dazu gibt es Musikveranstaltungen (deren Flyer die Peinlichkeit des Marktboten noch übertreffen, was Typografie, Layout und Rechtschreibung angeht), Kunstnächte, den KULTurknall (der nicht knallt) – und manchmal schafft es sogar ein angesehener und ansehenswerter Kabarettist in den Saal des Kurzentrums.
Ein Marktbote wie dieser ist jedenfalls für so eine Gemeinde schlicht ein Armutszeugnis. Und wäre ich eine Frau, würde ich mir ernsthafte Gedanken machen, ein paar von diesen – ganz sicher männlichen – Pfosten die Eier mit einem rostigen Messer abzuschneiden, denn was die im Marktboten machen ist für jede Frau, die ein wenig Grips hat, eine echte Beleidigung: Immerhin gilt das Sternchen als klassisches Kennzeichen für eine Fußnote.

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