Ja, gnadenlos ist das

Veronika A. Grager
GNADENLOS
Resistenz-Verlag, Neuhofen/Kr., Linz, Wien, 2012, Paperback, 163 Seiten, ISBN 978 3 85285 218 8

VORBEMERKUNG
Den Roman kannte ich schon vor seiner Veröffentlichung. Die Autorin hatte mich gebeten, ihn Korrektur zu lesen (und aus dem sehr österreichischen Deutsch ein wenig mehr in die Richtung des Hochdeutschen zu rücken), was ich gerne tat.

WORUM GEHT ES?
Ein Mann hat ein zehnjähriges Mädchen entführt und gefangen gehalten. Jahrelang. Er hat sie missbraucht und gegen Geld von anderen Männern missbrauchen lassen. Als er Jahre später ein weiteres Mädchen in dem Alter entführt, er getötet wird und die Mädchen fliehen, beginnt eine Kriminalgeschichte um die Suche nach dem Mörder, nach den beiden Mädchen und schließlich nach den »Kunden« des Mannes und den Hintermännern aus dem Milieu der organisierten Kriminalität, die sich auch mit der Produktion von Snuff-Pornos beschäftigten.

WIE IST DER STIL?
Österreichisch. Sehr routiniert. Gekonnt.

WAS GEFIEL NICHT?
Dass meine Korrekturlesung nicht übernommen wurde, jedenfalls nicht vollständig. Ich meine damit nicht, dass ich mich in meinem Ego beeinträchtigt fühle. Aber der Satz: »Als sich nun der Dicke zu ihr umdrehte und sie in seiner Hand eine Pistole gewahrte, schlug sie alle Bedenken in den Wind, packte die Waffe fester und drückte den Auslöser.« (S .132) lautete nach meiner Korrektur: »… packte die Waffe fester und drückte ab.« Eine Waffe hat nun einmal keinen Auslöser.
Just in dem Absatz finden sich auch nicht korrigierte, obwohl aufgezeigte Unklarheiten. So hat die Person, um die es hier geht, auf einmal eine Waffe in der Hand, wobei unklar bleibt, woher sie auf einmal stammt – und bei der sich später herausstellt, dass es sich um einen Elektroschocker handelt, den zumindest ich nicht für eine Waffe halten würde. Zwei Sätze später schlägt sie dann mit einem Baseballschläger zu – unklar auch hier, woher er kommt.

Manche Korrekturen wurden jedenfalls übernommen, manch andere – auch Tippfehlerkorrekturen – nicht. Besonders ärgerlich ist das bei offensichtlichen Fehlern. Ich hatte den Satz »Mit persönlich würde Meran sehr gut gefallen. Es ist eine kleine, verschlafene Stadt, mitten in den Bergen, nur wenige Kilometer hinter der österreichischen Grenze, etwa sechzig Kilometer von Innsbruck entfernt und vielleicht achtzig Kilometer von der Adria. […]« dahingehend beanstandet, dass die Entfernungen nicht korrekt seien (Innsbruck – Meran sind mindestens 110 km, Meran – Venedig [ergo Adria] zwischen 250 und 300 km) – nicht einmal für Luftlinienangaben. Das wurde jedoch schlicht ignoriert.

WAS GEFIEL?
Die Geschichte. Der Plot ist nicht schön, natürlich. Aber die Geschichte ist gut geschrieben, sie ist stimmig und vor allem spannend. An einigen Stellen musste ich kurz daran denken, dass ich schon lange keinen österreichischen Tatort mehr gesehen habe und dass diese Geschichte ein durchaus geeignetes Drehbuch für einen solchen ergeben würde.

EIN PAAR ZITATE GEFÄLLIG?
Diesmal nicht. Es fällt schwer, einzelne Zitate aus dem Zusammenhang heraus zu stellen. Der Roman wirkt in seiner Stimmung als Ganzes.

ZU EMPFEHLEN?
Ja. Für Krimifans unbedingt, für Fans spannender Literatur auch. Für Leser, die Probleme mit Texten haben, die auch mal deutlich werden, weniger.

NOCH WAS?
Ja. Wem der Roman dann gefallen hat, der sollte sich nachfolgend »NANOBOTS. Gefährliche Teilchen« (ISBN 978 3 942533 22 5) von der gleichen Autorin zulegen, das es inzwischen auch als eBook gibt (978 3 942533 36 2). Das ist ein Krimi mit SF-Elementen und noch toller als »Gnadenlos«.

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