Sebastian F. Alzheimer
OSSILAND
Eine West-Ost Satire
Selbstverlag, o. O., o. J., Taschenbuch, 238 Seiten, ISBN 978 3 00 032771 1
VORBEMERKUNG
An Sebastian F. Alzheimer bin ich über Facebook gekommen, wenn ich mich recht entsinne. Er schickte mir damals dieses Buch – und einen weiteren Titel – als Reziexemplar. Es ist schon eine Weile her, es wird also Zeit, dass ich darüber schreibe. Und das fällt mir nicht so richtig leicht.
WORUM GEHT ES?
Um eine »West-Ost Satire« – mit nur einem Bindestrich (da geht’s schon los!). Alzheimer ist in den alten Bundesländern geboren und nach der Wende in den Osten der Republik gegangen. In seinem Buch schildert er mit eher indirekten zeitlichen Bezügen – er grenzt die Zeiträume 1984–1993, 2002/2003 und 2010 ein – Ereignisse im Zusammenhang mit der Wende und mit seinem Leben dort. Es geht um Leben und Arbeit, um Wohnen, Nachbarschaften und vieles derlei Profanes mehr.
WIE IST DER STIL?
Nervtötend. Eigentlich kann der Mann durchaus schreiben. Aber er formuliert gestelzt, anstatt zu schreiben, wie ihm das Maul gewachsen ist. Und das nervt auf die Dauer sehr.
WAS GEFIEL NICHT?
Über die Frage, ob die Dinge, die er beschreibt, wichtig genug sind, beschrieben zu werden, kann man sich gerne streiten; für mich ist die Frage nicht so relevant.
Schlimmer ist es, dass es oft genug einfach nur um Saufereien und Weiber geht. Ich verwende den Terminus »Weiber« in das Buch insofern abwertendem Sinne, als auch Alzheimer über das andere Geschlecht eigentlich nur abwertend, fast schon machohaft, herablassend, abwertend eben schreibt. Seine eigene Frau hat keinen Namen, und andere weibliche Wesen werden mit typischen Männerausdrücken wie Schnecke, Tussi usw. belegt. Auch die Beschreibung von Frauen ist in ihrer Monotonie herabwürdigend.
Im Übrigen hätte dem Text eine Korrekturlesung sehr gut getan.
WAS GEFIEL?
Dass das Buch ein Ende hat.
EIN PAAR ZITATE GEFÄLLIG?
Aber natürlich.
»Ich war zum ersten Mal auf dem Weg in die Zone und hatte keine Vorstellung davon, was mich eigentlich erwartete. […]« (S. 34) »Ich hatte das Gefühl, in wenigen Augenblicken aus einer heilen, freien und beschützten Welt in eine bedrohliche Fremde einzutauchen. Dieses Gefühl war zum einen durch das Feindbild geschürt worden, das wir bei der Bundeswehr eingetrichtert bekommen hatten. […]« (S. 34/35)
Ich wage – auch aus eigener Erfahrung – zu bestreiten, dass man bei der Bundeswehr jemals »ein Feindbild eingetrichtert« bekommen hat.
»Am Nachmittag machten wir uns auf den Rückweg nach Bonn. Bei der Überquerung der Grenze nach Hessen hatte nicht nur ich das Gefühl, zurück in eine andere Welt zu kehren.« (S. 61)
Da fällt mir dieser Witz mit dem Hawliczek ein, der in Wien in einer Bäckerei ein Pfund Mehl kaufen möchte, gefragt wird, ob es eingepackt werden soll, und daraufhin in breitestem Wienerisch sagt: »Naa, hoamblosn wer i’s!«
»Unter den anwesenden Vertretern des schönen Geschlechts gab es neben sehr ansehnlichen Exemplaren, die mir durchaus als flachlegenswert erschienen, auch die langweiligen blonden Friseusen-Einheitstypen mit dem für ihren Stand charakteristischen hoch typisierten Haar.« (S. 85/86)
Da haben wir’s versammelt: Machogehabe, Stelzschreibe und … was zum Henker ist »hoch typisiertes Haar«? In meiner zugegebenermaßen lange zurückliegenden Schulzeit gab es noch den Tipp, Fremdwörter nicht zu verwenden, wenn man nicht weiß, was sie bedeuten.
»Zwei blonde Schönheiten schlendern am Ufer entlang. Sie lutschen genüsslich an ihren Wassereisstangen, als würden sie gerade jemandem einen blasen.« (S. 122)
Ohne Worte. Aber so oder so ähnlich geht das andauernd.
»Zwei Fokuhila-Typen in blauen Latzhosen tragen kackbraune Plastikrohre unter den Armen. Es ist Samstag, der Tag der Schwarzarbeit.« (S. 194)
Neben dem schönen Vorurteil, dass samstags Leute mit Plastikrohren unter dem Arm schwarz arbeiten, zeigt sich einmal mehr, wie sinnvoll eine Korrekturlesung gewesen wäre. Die Bedeutung »forne kurz, hinten lang«, die hinter »Fokuhila« stehen müsste, ist halt orthografisch nicht korrekt.
Auch solche Fehler sind kein Einzelfall, allerdings werden sie konsequent durchgehalten, woraus sich schließen lässt, dass bestimmte Begriffe ohne Kenntnis des Hintergrundes benutzt werden.
»›Manchmal scheint es mir so, als sei für euch Männer der Kampf auf der Autobahn die Fortführung des Geschlechtsaktes mit anderen Mitteln‹, analysiert mein Weibchen messerscharf.« (S. 205)
Dazu sage ich dann nichts mehr.
ZU EMPFEHLEN?
Nein.
NOCH WAS?
Das Buch mag autobiografisch sein; allerdings ist das die Autobiografie eines letztlich sehr langweiligen und mit der erkennbaren Schmalspurweltsicht recht traurigen Lebens. Ich jedenfalls möchte so nicht gelebt haben und leben. Eine autobiografische Satire, wie es z. B. auf dem Buchrücken genannt wird, ist es definitiv nicht. Saufende und ständig geile Machos sind der Satire nicht mächtig – und insofern ist das Buch dann doppelt autobiografisch, wie mir scheint.