Service schreibt man jetzt mit X

Ich bin seit Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts Webhosting-Kunde bei 1+1. Damals hieß die Firma noch Puretec. Im Laufe der Jahre vergrößerten sich meine Pakete, bis ich zum Schluss drei Pakete laufen hatte, mit einer ordentlichen Portion Webspace, über zwanzig Domains und einem ganzen Haufen Schnickschnack, den ich eigentlich nie benutzte. Ich war zum Schluss Platin-Kunde mit eigenem Ansprechpartner, direkter 0800er Durchwahl und direkter E-Mail-Adresse. Und am Ende war ich unzufrieden.
Im Laufe der letzten Jahre hat sich der Platin-Service von 1+1 zu einer ziemlichen Verarschung entwickelt. Von meinem Ansprechpartner bekam ich nie eine Antwort, sondern immer von irgendwelchen Vertretungen. Das wäre noch nicht so tragisch gewesen – immerhin bekam ich ja Antworten –, wenn diese nicht zunehmend aus Textbausteinen bestanden hätten, die oft genug auch zeigten, dass mein Anliegen überhaupt nicht verstanden worden ist. Darüber hinaus zeigte sich auch mehr und mehr, dass es durchaus von Nachteil sein konnte, Pakete wie die von 1+1 zu nutzen.
Ich hatte einige Blogs bei 1+1 laufen. Die Layoutmöglichkeiten waren eingeschränkt, aber damit konnte ich leben Meine Frau schlägt sich wohl auch in Zukunft noch mit dem Homepagebaukasten von 1+1 herum; bislang werden die Bedürfnisse erfüllt, aber nur knapp, wenn ich ihr so zuhöre …
Eigentlich sind die 1+1-Blogs nichts anderes als WordPress-Installationen, wenn auch eingeschränkte. Und dennoch zeigte sich, dass sie zu WordPress nicht wirklich kompatibel waren. Als ich meinen privaten Blog bei blog.com.mt abzog und vorübergehend bei 1+1 importieren wollte, gelang dies nicht. Es gab keine Fehlermeldung – und vom persönlichen 1+1-Supporter bis heute ebenso wenig eine Antwort wie von jedem seiner Kollegen.
Das reichte mir dann.

Ich kannte den Anbieter all-inkl.com (die Firma Neue Medien Münnich steht dahinter) durch den SFCD und hatte auch schon die Erfahrung gemacht, dass die einen guten, problembezogenen, schnellen und unproblematischen Service boten. Darüber hinaus zeigte sich, dass sie bei einem größeren Leistungsangebot schlicht preisgünstiger waren als 1+1.
Also entschloss ich mich vor einigen Wochen, zu all-inkl.com zu wechseln. Paket buchen, Domains umziehen, Emails neu einrichten, FTP-Zugang herstellen, Daten aufspielen.
Es hätte alles so einfach sein können …

Wenn man bei 1+1 eine .de-Domain freigibt, bekommt man eine Email mit dem Authorisierungscode, den der neue Anbieter benötigt, um an die Domain heranzukommen und sie zu übernehmen. Wenn man eine .com-Domain bei 1+1 für den gleichen Vorgang freigibt, bekommt man nichts. Nicht einmal einen Hinweis darauf, dass man in der Domainliste einen Info-Button hat, hinter dem sich in diesem Falle der Authorisierungscode verbirgt. Man muss vielmehr beim Support nachfragen. Was mir leicht fiel – ich zahle ja nichts extra dafür. Die Eigentümer kleinerer Pakete ohne Platin-Support zahlen dann gerne mal fett für eine 0900er Telefonnummer, die sie anrufen müssen.
Zwei große Pakete waren noch übrig. In dem einen Paket stellten die E-Mail-Adressen kein Hindernis dar – es gab nur zwei, und die waren schnell umgestellt. Ebenso schnell war das Paket gekündigt.
Oder?
Nein, natürlich nicht.

Der normale Vorgang ist, dass man sich im Vertragsbereich bei 1+1 einloggt und das Paket zur Kündigung auswählt. Man kann einzelne Domains kündigen – oder das ganze Paket. Die Domains mussten nicht mehr gekündigt werden, die waren schon zu all-inkl.com umgezogen. Blieb also das ganze Paket.
Zuerst hagelt es dämliche Fehlermeldungen, irgendein Serverfehler, man möge es zu einem späteren Zeitpunkt versuchen. Das wiederholt man dann ein paar Mal. Irgendwann geht es dann. Allerdings gibt es da noch ein paar Hindernisse. Bei mir war es eine Rufnummernmitnahme, die eine Kündigung nicht ermöglichen würde. Wohlgemerkt: eine Rufnummernmitnahme in einem Webhostingpaket.
Es gab eine Telefonnummer, unter der ich mich melden sollte. Ich rief also dort an – kostenpflichtig, denn bei Kündigungen zieht der Platin-Support nicht mehr.
1+1 nutzt eine dieser inzwischen steinzeitlich anmutenden Telefonanlagen, durch die man sich mit Tasteneingaben laviert. Das gefällt mir, der ich ein Headset – ohne Tasten natürlich – nutze, immer ganz besonders gut. Unsere Telefonanlage wiederum hat die Eigenheit, dass man vor einer Zifferntaste, deren Signal gesendet werden soll, eine *6 vorwählen muss. Es sei denn, die empfangende Telefonanlage am anderen Ende meldet nicht zurück, dass sie die Ziffer empfangen hat. Dann übertragt man auch die nächste *6 an die andere Anlage.
Nachdem ich mich durch den Sermon der Ansagen durchgehangelt hatte und endlich jemanden am anderen Ende hatte, stellte sich heraus, dass er mich weiterverbinden müsste, damit mir geholfen werden könnte – was aber nicht ging, weil die Übertragung der diversen Ziffern und der *6-Eingaben meine Telefonnummer in seinem Computer verstümmelt hatten und das Ergebnis für den Rechenknecht nicht mehr als Telefonnummer erkennbar war. Und wie das in unseren modernen Zeiten so ist: eine manuelle Eingabe war nicht möglich.

Den zweiten Versuch machte ich gleich mit dem Blackberry. Diesmal klappte es – dafür wartete ich allerdings auch mehr als zwanzig Minuten. Kostenpflichtig, versteht sich.
Der Grund für die irreführende Fehlermeldung wurde nicht geklärt, sondern einfach beseitigt. Während ich den Supporter noch am Ohr hatte, konnte ich den Vertrag kündigen. Gleich darauf wurde das Kündigungsformular freigeschaltet – auch ein eigener Vorgang bei einer Kündigung –, das man dann mit ganz modernen Kommunikationsmitteln, nämlich per Fax einzureichen hatte.

Bis zur Kündigung des letzten Pakets verging ein wenig mehr Zeit, da hier mehr umzustellen war. Aber irgendwann war auch dieser Kündigungszeitpunkt erreicht.
Wieder auf die Vertragsseite von 1+1, das Paket aufgerufen, die Domains waren bereits umgezogen – und er Versuch, zu kündigen, lieferte Fehlermeldungen, man möge es doch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal versuchen.
Zu einem späteren Zeitpunkt klappte es dann irgendwann, wie gewohnt. Das Kündigungsdokument wird jedoch nicht einfach freigeschaltet – nein, man muss wieder – natürlich kostenpflichtig – anrufen und das Dokument freischalten lassen. Ich benutzte gleich den Blackberry, ich wartete dreißig Minuten. Und hatte dann noch das Vergnügen, mir von der Dame am anderen Ende anzuhören, dass ihr die vielen weggezogenen Domains gar nicht gefielen und auch nicht, dass ich so viel Geld bis zum Laufzeitende bezahlen sollte, sie hätte da noch ein Angebot …
Nein, danke. Solche Sachen kenne ich. Auf den letzten Drücker kann ich dann wieder nicht kündigen und dann verlängert sich das Ganze auf einmal wieder, und am Ende bin ich noch mehr Geld los, als ich so ohne Probleme einkalkulieren konnte.
Schluss, aus, Feierabend.

Bis August 2012 zahle ich das eine Paket noch – einmalig knapp 90 Euro. Das letzte Paket läuft noch bis September 2012 – 45 Euro monatlich. Aber das ist mir egal. Ich bin vielmehr heilfroh, von dem Verein 1+1, bei dem man »Service« immer häufiger mit X zu schreiben scheint – wie »nix« – weg zu sein.

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