Weltweit sterben nicht nur Tierarten aus – auch Sprachen sind unter Druck. Aus den unterschiedlichsten Gründen werden Minderheitssprachen und Dialekte unterdrückt, die Menschen, die es sprechen, sterben aus – und damit auch die Sprachen. Englisch plättet mit Anglizismen oder gleich als Amtssprache die lokale Bandbreite der Ausdrucksmöglichkeiten. Das Ende naht …
Aber nicht gleich. Ich erinnere mich als ehemaliger Seher des DRS – das ist das Fernsehen der deutschen und rätoromanischen Schweiz – an die Quotensendungen fürs Rätoromanische (solche es auch im Radio gibt), bei denen mich eine mitten in Europa angesiedelte Sprache faszinierte, die zuerst völlig fremdartig klang und dann nach und nach neben den ganz eigenen Vokabeln die deutschen, italienischen und französischen Einflüsse offenlegte.
Das Lëtzebuergesch ist auch so eine ausgefallen klingende Sprache. Ich fand die Idee immer amüsant, dass diese Sprache, in Luxemburg gesprochen, der erfolglose Versuch eines Kölners sei, Französisch zu sprechen. Und nun hat ausgerechnet »der Streaminganbieter Netflix ein kleines, aber wichtiges sprachliches Zeichen gesetzt: Die Krimiserie ›Capitani‹, die von RTL gedreht und dann an Netflix gegeben wurde, ist nicht in den deutlich gängigeren europäischen Sprachen Französisch oder Deutsch entstanden, sondern auf Lëtzebuergesch, also Luxemburgisch, der Nationalsprache und einer der drei Amtssprachen des Landes. Obwohl es von rund der Hälfte der Bevölkerung gesprochen wird, fristet es immer noch ein Schattendasein. Gesetzestexte werden bis heute nicht auf Luxemburgisch verfasst, es ist auch keine Amtssprache der Europäischen Union. Umso erfreulicher, dass der Streamingriese Netflix sich hier dazu entschieden hat, das Original einer Serie in einer Sprache anzubieten, die eher ungewöhnlich für Ohren der EU-Bürger klingt. Da das Luxemburgische eine moselfränkische Form des Westmitteldeutschen ist, kann es sein, dass man es zumindest in Teilen versteht. Wer sein Gehör und Sprachverständnis testen will, kann bei den Netflix-Spracheinstellungen ins Luxemburgische wechseln.«
Ich kann übrigens aus eigenen Hörerfahrungen bestätigen, dass es für einen Normaldeutschen durchaus einfacher ist, Lëtzebuergesch zu verstehen, als dies beim Rätoromanischen gelingen dürfte. Vielleicht drehen die Rätoromanen ja auch einmal eine Serie in ihrer Sprache …
Quellen: VDS-Infobrief 27.02.2021, serienjunkies.de