Corinna Griesbach (Hrsg.)
HALLER DIE ERSTE: VORKOMMNISSE
Off-Texte und Bilder.
Monschau, 2009, ca. 130 x 205 mm, Broschur,
105 Seiten, ISSN 069-1525-1481-1473
Der HALLER ist eine Literaturzeitschrift. Das steht auch auf dem Umschlag. Was »Off-Texte« sind, wird nicht erklärt, es wurde mir auch nicht klar. Es war mir auch egal. Auffallend sind zu Beginn mehrere Kleinigkeiten:
Es gibt keinen Verlag. Corinna Griesbach bezeichnet sich als Herausgeberin und Redakteurin. Mehr gibt es nicht. Keinen Verlag, gar nichts. Das Impressum erfüllt ganz sicher keine presserechtlichen Vorschriften. Die ISSN ist merkwürdig; allerdings weiß ich, dass sich einiges geändert hat, seitdem auch elektronische Zeitschriften ISSN erhalten können, vielleicht sieht so eine neue ISSN aus. Auch egal.
Das Layout ist auf den ersten Blick – seltsam. Das Titelbild hätte ich unter gar keinen Umständen so gestaltet. Ein Schwarz-Weiß-Bild. Ein Teil der Schriftzüge auf dem Titel kontrastarm halb reingedrückt. Das gesamte Titelbild wirkt auf den ersten Blick eher lieblos. Schlägt man den HALLER dann auf, wird klar, dass hier eher Extravaganz zu ihrem Vorrecht kommen sollte. Es bleibt unklar, ob derjenige, der das Layout gemacht hat, wirklich wusste, was er tat, aber: Wenn das Absicht war, ist es genial.
Neben einem Vorwort von Corinna – die ich übrigens über die Arbeiten an STORY CENTER 2009 kennenlernte – und einer Aufklärung über »den Haller«, eine Monschauer Sehenswürdigkeit, sowie neben Vorstellungen der Autorinnen, einer Vorschau auf Band 2 und einem Bildnachweis (der eigentlich eine Kurzvorstellung des Künstlers ist) finden sich vier Geschichten. Von Autorinnen.
Andrea Bannerts »Schlaf Lied« macht den Anfang. Protagonist Dominik erbt von seinem verstorbenen Onkel Aufzeichnungen über das »ewige Lied«. Auf einem Pergament hatte er die Noten aufgeschrieben – und den Hinweis, dass dieses Lied niemals gespielt werden sollte. Man ahnt, dass Dominik seinen eigenen Kopf hat.
Den zweiten Platz belegt die Herausgeberin selbst: »Und die Liebe höret nimmer auf«. Es geht um eine alte Liebe, eine neue Liebe, es geht um ein Kind, mit dem etwas nicht ganz in Ordnung scheint – und um Wiedergeburt. Die Geschichte wechselt in der Mitte den Erzähler (von Paula, der Frau, zu Eric, der neuen Liebe und dem vermeintlichen Vater des Kindes), was ich ein wenig als Bruch empfunden habe, aber letztlich funktioniert die Geschichte.
Shanna Leibl folgt mit »Aus eins mach zwei«. Hier geht es um Jolana, die im Haus ihrer verstorbenen Großmutter einen Spiegel entdeckt, der das Tor zu einer anderen Welt ist. Auf der anderen Seite wartet nicht nur eine andere Welt – sondern auch jemand, den sie viel zu lange vergessen hat. Eine Geschichte, die so, wie ich sie beschreibe, und so, wie sie sich anfangs liest, als uralter 0815-Fantastik-Plot abgelegt werden könnte. Zum Glück täuscht die Autorin den Leser bis zum Schluss ganz böse.
Und zu guter Letzt gibt es »Der Lilienpakt« von Daniela A. Eckstein. Wie Zwillingsmädchen, von denen das eine todkrank ist, es schaffen, dass die, die stirbt, dennoch nie stirbt – und warum das nicht gut geht, das beschreibt diese Geschichte.
Meine Inhaltsangaben und die darin enthaltenen Interpretationen sind ganz sicher schlecht. Die Geschichten, die ich nicht ausführlicher wiedergeben kann, ohne zu viel zu verraten, sind es ganz sicher nicht. Ich habe den ersten HALLER nach einem dicken und fürchterlich anstrengenden Fantasyschinken gelesen, und es war toll, es war erfrischend, erleichternd, ablenkend, aufbauend, vier schöne, kurze Geschichten, schön ausgesucht und zusammengestellt, alle mit einem leicht fantastischen Touch, einfach –
Toll.
Den HALLER gibt es für EUR 3,50 bei der Herausgeberin, die man am besten unter corinna.griesbach @ web.de erreicht. Eine Website gibt es nicht. Noch nicht. Vielleicht kommt das ja noch. Auf den zweiten HALLER, der das Thema »Verwandlungen« haben wird, bin ich gespannt; da werden Geschichten von Saskia Burmeister, Anja Schöler und Magdalena Ecker und noch mehr enthalten sein.