Ungeklärt

Daniel Illy
ELYA-49
Books on Demand, Norderstedt, 2016, Taschenbuch, 397 Seiten, ISBN 978 3 7412 2355 6

VORBEMERKUNG
BoD ist ja inzwischen einigermaßen bekannt für Selfpublisherschrott. Leider. Dummerweise. Und die Bücher, die das Gegenteil beweisen, gehen vermutlich im Schrotthaufen schlicht unter. Aber nicht immer. Und es gibt sie wirklich. Die Edelsteinchen im Schrott.

WORUM GEHT ES?
Auf buchregen.de findet sich eine hübsche Kurzbeschreibung:
Am 28. März 2017 geht die Sonne aus. Eisige Kälte überzieht die Erde, ziellos treibt sie durch das All. Bis zur nächsten Sonne, auf die unsere Welt zudriftet, sind es läppische fünfunddreißigtausend Jahre. Die Überlebenden haben sich in kilometertief gegrabene Höhlen verzogen, um das warme Erdinnere zu nutzen. Etwa in die unterirdische Anlage Berlin-III, in der der Arzt und Psychiater Emil Heuser seinen Dienst tut. Da entdeckt er einen beunruhigenden Hinweis und muss sich der großen Frage stellen: was ist Wahrheit, was Lüge? Spannender Thriller! „Tolle After-Apokalypse-Story mit viel klinisch-fachlichem Hintergrundwissen …“ (Leser) (400 Seiten) (BOD)
Fein.
Richtig ist »(BOD)«. Und richtig ist auch, dass die Sonne ausgeht. Der Rest dieser Beschreibung ist weitgehend Unsinn.
Die Sonne ist ausgegangen. Warum und wieso, das wird nicht geklärt, bleibt ungeklärt. Warum die Politiker – hier in Deutschland, dem Handlungsort zum Beginn des Romans, aber auch andere Länder sind vorbereitet gewesen – wussten, dass sie ausgeht, bleibt ebenso ungeklärt. Jedenfalls wurden aber Bunker gebaut – die übrigens nicht kilometertief unter dem Erdboden lagen, und auch die an sich logische Nutzung der Erdwärme aus dem Inneren unseres blauen Planeten ist absolut kein Thema, wird – außer in dieser irreführenden Zusammenfassung – nicht einmal erwähnt. Warum keiner auf die Idee kam, Erdwärme zu nutzen? Ungeklärt.
Emil Heuser, der Hauptprotagonist des Romans, versucht zum Beginn der Geschichte, den Bunker Berlin-III zu verlassen. Grund: ungeklärt. Ziel: ungeklärt. Es stellt sich heraus, dass er vor diesem ungeklärt dämlichen Alleingang in eine Welt nahe des absoluten Nullpunkts (-273,15 °C, was Blödsinn ist – Stichwort Erdwärme –, aber eh ungeklärt bleibt) seine Daten mit einem Kennwort verschlüsselte, das er vergessen hat, weil er entsprechende Drogen nahm, die seine Gehirnfestplatte formatierten. Toll. Und wozu? Ungeklärt.
Es stellt sich heraus, dass Berlin-III kein netter Ort ist. Der Chef des Ladens ist ein diktatorisches Arschloch. Tests mit aus testweise durchgeführtem Kälteschlaf wiedererweckten Probanden gehen in die Hose, führen zu allgemeiner Aufruhr. Sunburn, eine Substanz, die die Menschen vor Problemen aufgrund der fehlenden Sonne bewahren soll, wird als Droge eingestuft; wer sie produziert und erwischt wird, ist des Todes. Berlin-III ist ein Dreckloch, daran hat man nach nicht wenigen Seiten keinen Zweifel mehr.
Emil Heuser, sein Kumpel Hannes und die gemeinsame Freundin Anna entschließen sich, gen Italien aufzubrechen, wo alles besser laufen soll; dort hat man scheinbar einen Weg gefunden, den Menschen zu ermöglichen, den über fünfunddreißigtausend Jahre währenden Kälteschlaf auf dem Weg der Erde zu einer neuen Sonne gesund und unversehrt zu überstehen.
Aber so einfach ist das alles nicht. Anna stirbt – Selbstmord. Hannes entschließt sich, in dem Bunker in München zu bleiben, wo es keine Kälteschlafeinrichtungen gibt. Und Emil muss in Italien gegen Dunkelsucher – eine angebliche Terrororganisation – kämpfen und bringt am Ende noch einen Menschen um, um selbst einen Platz in einer Kälteschlafkammer zu finden.
Alles toll.

WAS GEFIEL?
Der Schreibstil Illys ist gut, lesbar, durchaus ansprechend, interessant, sein Buch ist bei aller Ungeklärtheit simpelster Fragen spannend und lässt keinen Moment die Überlegung aufkommen, ob man die Lektüre abbrechen soll.

WAS GEFIEL NICHT?
Die Figuren indes sind so simpel wie ungeklärt dämlich gezeichnet.
Anna ist sunburn-süchtig und hat das Problem, dass die Bestände an Bord des Fluchtfahrzeugs vernichtet sind – dummer Fehler, nicht zu ändern. Dass eine Drogensüchtige angesichts einer – noch dazu vermeintlichen – Versorgungskrise Selbstmord begeht, ist nicht erklärbar. Drogensüchtige haben IMHO einen anderen Fokus im Leben.
Dass Hannes den Entschluss fasst, in München zu bleiben, kann man mit einiger Mühe vielleicht noch nachvollziehen, jedenfalls dann, wenn man den gleichen vollidiotischen Entscheidungsgründen nachhängen möchte. Der Grund, warum die Mannschaft gen Italien aufbrach, war, herauszufinden, wie die Italiener das Problem mit dem Kälteschlaf gelöst haben. Diese am Horizont dräuende Erkenntnis aufzugeben, um einem Haufen Menschen an einem Ort, der sprichwörtlich keine Zukunft hat, ärztliche Versorgung anheimfallen zu lassen, ist für mich nicht schlüssig.
Und Emil? Der will Psychiater sein, hat eine medizinische Ausbildung. Der wagt eine Reise über mehr als 1600 Kilometer – inkl. Umweg nach Frankfurt eingerechnet –, um eindeutig einer ganzen Menge Menschen das Leben für eine zweifelhafte Zukunft zu retten. Und so jemand hat dann Probleme mit dem ungeklärten – sic! – Selbstmord einer Freundin? Und Probleme mit der Entscheidung seines Kumpels, sein Leben auf ganz normale Weise zu führen und vermutlich auch zu beenden? Und Probleme damit, einen Mann zu töten – der das gar nicht mitbekommt –, um sich selbst einen Weg in die Zukunft zu schaffen? Die Erklärung dafür ist ungeklärt. Eindeutig.

Ungeklärt und letztlich nicht schlüssig ist auch die Frage, welcher Vollpfosten auf die Idee gekommen ist, die Erde könne sich auf den Weg in Richtung einer Elya-49 genannten Sonne – entdeckt von einer Chinesin, deren Entdeckung offensichtlich nicht verifiziert wurde – gemacht haben, einfach so, ohne Grund, ohne besonderen Anlass. Gut, die Sonne ist ausgegangen. Aber wenn bei mir daheim das Licht ausgeht, suche ich bestenfalls nach einer Ersatzbirne oder nach der Sicherung, aber nicht nach einer neuen Wohnung. Klar, ein Vergleich, der mangels Beinen nicht mal hinkt. Aber mal ehrlich –
Wie zum Henker soll die Erde durch den Weltraum fliegen, um sich eine neue Sonne zu suchen?
Das ist nicht nur ungeklärt, allein die Idee ist dämlich.

ZU EMPFEHLEN?
Für unkritische Leser von Unterhaltungsliteratur ist das Buch zu empfehlen, ja, durchaus. Der Stil des Autors ist, wie gesagt, nicht schlecht, das Buch liest sich gut. Wer allerdings Probleme mit der Logik einer Buchhandlung und ihres Hintergrunds hat, sollte tunlichst die Finger von dem Werk lassen, denn der Spaß, den er eigentlich haben könnte, wird ihm jedenfalls verdorben. Eindeutig.

NOCH WAS?
Schön für mich war und ist, dass das Buch einige Selfpublisherklischees nicht erfüllt. Das Lektorat ist offensichtlich gelungen, wenn man davon ausgeht, dass die Unlogik gewollt ist. Auch der Buchsatz von Heinz W. Pahlke ist ordentlich; offensichtlich kannte der Mann sich aus, war vielleicht sogar vom Fach. Das Layout des Buches ist jedenfalls angenehm und den professionellen Marktgepflogenheiten entsprechend. Problematisch sind allenfalls insgesamt wenige, aber doch nicht zu übersehende Fehler: Tippfehler, leicht inkonsequente Rechtschreibung, nichts Gravierendes, aber für einen perfektionistischen Präzisionsscheißer wie mich doch störend und bemerkenswert.

3 Replies to “Ungeklärt”

  1. From: Daniel Illy [mailto:daniel.j.illy@googlemail.com]
    Sent: Thursday, February 09, 2017 12:47 PM
    To: global:epropaganda
    Subject: Re: ELYA-49

    Hallo,

    danke für die Rückmeldung, ich sag einfach an der ein oder anderen Stelle nochmal kurz was dazu:

    Am 9. Februar 2017 um 12:20 schrieb global:epropaganda :
    Moin, Herr Illy,

    danke für Ihre Mail. Ich bin immer wieder freudig überrascht, dass jemand – außer meiner Frau, bei der das eine eingespeicherte Startseite ist :) – meinen Blog liest :)

    >>>Die Sonne verschwindet und damit das Massezentrum unseres Sonnensystems. <<< Das ist eben schon der erste Punkt gewesen, der einer Erklärung bedurft hätte. Eigentlich hieß es, sie sei ausgegangen. Aber wieso? Eine Sonne geht nicht einfach aus. Und wenn sie verschwindet - wieso? Eine Sonne verschwindet nicht einfach. Das macht eine Ehefrau, eine Socke in der Waschmaschine, der Autoschlüssel, das Geld auf dem Girokonto. Aber keine Sonne. Und auch wenn die Gründe für den Plot an sich nicht wichtig gewesen wären - es irritiert, dass das einfach so ohne ein Wort unterstellt wird. (Ich gehöre zur Fraktion, die dem Autorenuniversum Souveränität zu gewähren bereit ist - aber ein bisschen was mag ich dann schon wissen, um es zu verstehen .)

    Die Sonne wird durch ein schwarzes Loch verschluckt. Das ist physikalisch nicht möglich (jedenfalls nach unserem heutigen Verständnis der Physik). Warum das so ist, können sie in naher Zukunft vielleicht selbst nachlesen ;)

    >>>Die Erde bewegt sich völlig automatisch (aufgrund der Fliehkräfte) aus unserem Sonnensystem heraus. Das Ganze habe ich übrigens mathematisch berechnen lassen (das Programm heißt Universe Sandbox, sehr zu empfehlen), das heißt das Überschreiten der alten Umlaufbahnen (wie zum Beispiel des Uranus) ist völlig akurat. <<< Fein. Sehr fein. Aber immer noch nicht logisch. Haben Sie auch ausgerechnet, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich die Erde durch diese Fliehkräfte ausgerechnet und regelrecht zielgerichtet auf eine denkbare Ersatzsonne zu bewegt? Auch wenn der Weg dorthin über 35.000 Jahre hinweg zurückzulegen ist? Von den Unwägbarkeiten unterwegs (gut, Thema für Band 2-5 ) ganz zu schweigen? Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erde genau entgegengesetzt „wegswingt“, ist genauso groß.

    Das Treffen auf ELYA-49 ist natürlich Fiktion und ein großer Zufall, das stimmt. Die Sonne wird im übrigen erst nach der „Reise“ entdeckt. Aber theoretisch wäre es möglich. Nicht sehr wahrscheinlich aber doch, irgendwann kommt bestimmt ein anderes Sonnensystem in die Quere (vielleicht nicht ganz so schnell).

    >>>Die Erdwärme wird übrigens doch genutzt (siehe Anlage in Sydney), aber das ist nur ein kleines Detail. <<< Das Detail ist durchaus wichtig. Die Erdwärme entsteht ja im Erdkern, sie wird nicht von außen zugeführt. Das bedeutet, dass sie auf der Erdoberfläche auch ohne unsere Sonne niemals Temperaturen im Bereich des absoluten Nullpunkts haben werden. Klar - ob es 0° oder 20° oder 100° K sind, es ist arschkalt und eine lebensfeindliche Umgebung. Aber auch die nicht gezielte Nutzung der Erdwärme hätte sich in allen Stationen auswirken müssen. Das lässt sich wahrscheinlich nicht genau berechnen (jedenfalls hatte jeder den ich dazu gefragt habe, keine genaue Antwort parat). Die Temperatur sollte aber nahe des absoluten Nullpunkts sein. Wenn Sie 700 Meter tief bohren haben sie knapp 30 Grad Erdwärme. Aber draußen herrscht der absolute Nullpunkt. Ohne Atmosphäre keine Wärmeabstrahlung. 1 Meter über dem Erdboden müsste demnach ebenfalls knapp die Temperatur des absoluten Nullpunktes sein. Ich spreche ja nur von dreistelligen Minusgraden. Aber eines steht fest: bei fehlender Atmosphäre wird es ziemlich ungemütlich da draußen sein. >>>Die angesprochene (und in Ihren Augen fehlende) Nachvollziehbarkeit der Charakter finde ich interessant, nein, ich finde es super, dass das Buch hier so unterschiedliche Reaktionen hervorruft. Schließlich soll es ja auch etwas beim Leser selbst etwas auslösen.<<< Die Charaktere und ihre Beschreibung, ihre Gedanken- und Gefühlswelt nimmt halt einen großen Raum im Buch ein, wenn es nicht gar die Hauptsache ist. Insofern ist die Frage, wie schlüssig ihr Verhalten ist, nicht ohne Bedeutung. Und ich bin kein sehr nüchterner Mensch, eher im Gegenteil (wenn ich auch weiß, wo ich hintippen muss, um mein logisches kaltes Denken zu aktivieren ).

    Anna jedenfalls wäre, wenn sie eine wirkliche Süchtige wäre, gar nicht erst auf die Reise aufgebrochen. Es gab ja schon in Berlin-III Versorgungsprobleme mit Sunburn, die sie beunruhigten und noch viel mehr hätten beunruhigen müssen. Und eine 1600-km-Tour nach Italien, auf der sonst was passieren konnte – und ja auch passiert ist -, wird ein drogensüchtiger Mensch, dessen Hauptlebensproblem die Versorgung ist, gar nicht erst in Angriff nehmen.
    Und wenn doch, dann wegen so einer Lappalie nicht durch einen Selbstmord abbrechen. Eine Süchtige, die wirklich eine solche Reise auf sich hätte nehmen wollen, hätte sich auf ihre Freunde verlassen. Es ist für Süchtige keine Option, sich das Leben zu nehmen, um die Versorgungsproblematik zu lösen; die einzige Option ist, wirklich alles zu unternehmen, um die Versorgung wiederherzustellen und zu sichern. Alles. Aber ein Selbstmord gehört nicht dazu.

    Das ist schon sehr viel Interpretation (was ich gut finde). Ich kann mein eigenes Werk nicht interpretieren aber einige würden sagen, dass Anna von Beginn an lieber gestorben wäre. Dass sie keine Last für ihre Freunde sein will. Das sie die Entzugssymptome nicht aushält. Da ich als Psychiater und Psychotherapeut arbeite, ist das Thema keinesfalls unbekannt für mich :)

    Und Hannes‘ Samariteranfall in München ist gleichermaßen nicht logisch, auch nicht unter dem Gesichtspunkt als Reaktion auf Annas Selbstmord. Menschleben hegen, pflegen, retten, das hätte er problemlos auch in Berlin-III gekonnt, und Sammler hätte ihm wurscht sein können, weil er als einziger verbleibender Arzt (neben Anna vielleicht noch, die ja eigentlich auch nicht losgefahren wäre) zu wichtig gewesen wäre, als dass ein Faschist wie Sammler ihn aufs Spiel gesetzt hätte.
    Und auch als Retourkutsche Hannes‘ gegenüber Emil als Rache für dessen angebliche Schuld an Annas Selbstmord (auch so ein unlogisches Detail, sorry) funktioniert Hannes‘ Entscheidung, in München zu bleiben nicht.

    Aber gut.

    Da muss sich denke ich jeder selbst Gedanken machen. Ich kann Ihnen empfehlen hier nochmal seine Hintergrundgeschichte zu lesen. So wird die Rationalität vielleicht etwas klarer. Berlin-III ist jedenfalls nach der Präsentation von Ben kein guter Ort mehr. Oder glauben Sie Sammler in der Videokonferenz?

    >>>Eine Frage noch in eigener Sache: Ihre Kritik an der Zeichensetzung bezog sich wahrscheinlich auf die erste Auflage? Falls nicht würde ich gerne um kurze Rückmeldung bitten. <<< Das weiß ich gar nicht. Das Buch war von einem Komiteekollegen des DSFP geliehen. Ich vermute allerdings die erste Auflage, denn wir sind im Komitee gerne recht fix bei der Beschaffung potenziell interessanter Bücher. Dann war es die erste Auflage und ich bin beruhigt. Vielleicht schauen Sie nochmal in die zweite rein? Im Zweitlektorat jedenfalls haben wir alle von Ihnen unten angesprochenen Themen berücksichtigt. >>>Ich habe das Buch mit sehr viel Aufwand nochmal zweitlektorieren lassen, wäre schade, wenn jetzt noch die von Ihnen genannten Fehler drin sein sollten. Falls dem so ist, müsste ich eine dritte Auflage überdenken.<<< Es geht weniger um Lektorat, denn Korrektorat. Ich bin selbst als 1959er Jahrgang eigentlich Altrechtschreibler, als Kleinverleger (www.pmachinery.de) jedoch inzwischen auf die neue Rechtschreibung eingeschworen. Da die jedoch inkonsequenterweise viele Variationsmöglichkeiten anbietet, führt dies in meinen Augen in vielen Büchern - auch aus Profiverlagen - immer wieder zu rechtschreiberischen Inkonsequenzen. Sprich: "Mal so, mal so, ist ja alles erlaubt." Bei meinen eigenen Büchern habe ich mich inzwischen seit vielen Jahren der Unterstützung einer Software - des Duden Korrektors, inzwischen gibt es eine Nachfolgefirma in München, die das Ding weiterentwickelt, nachdem Langenscheidt aufgegeben hat - und selbst das hilft ja nicht, wenn man sich selbst nicht konsequent verhält. Die Optionen der Software habe ich so eingestellt, dass ich mich in allen Fällen nach diesem Duden, und zwar nach den sogenannten "Duden-Empfehlungen" richte. Was heißt: Auch wenn "Phantasie" mit "Ph" noch erlaubt ist, ist es bei mir grundsätzlich "Fantasie". Nach jahrelanger Korrektoratsarbeit für meine eigenen Bücher und Produkte anderer Kleinverleger ist es mir inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen, anders als normale Leser zu reagieren. Der normale Leser regiert auf Optik, Layout, Zeilendurchschuss, Schriftgröße, Aufrisse in Sätzen, weil keine Silbentrennung erfolgt ist. Usw. Und wenn auch manchmal nur unterbewusst. Ich reagiere zu allererst auf Tippfehler und Rechtschreibinkonsequenzen :) LG My. Also, vielen Dank. Ich freue mich immer über Austausch. Wer bin ich, dass ich nach meinem Erstlingswerk glaube die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben? Sollten Sie aufgrund der Revision der zweiten Auflage zu einem milderen Resultat kommen, freue ich mich natürlich über Berichtigung (zumindest der objektiv gebesserten Dinge wie des Zweit-Korrektorats). Wenn Sie ein Rezensionsexemplar der zweiten Auflage haben wollen, lasse ich Ihnen gerne eines zukommen. Aber auch so: In jedem Fall kann ich eine Menge von meinen Lesern lernen. Vielen Dank dafür! Ihnen noch einen schönen Tag. Herzliche Grüße Daniel Illy

  2. >>—–Original Message—–
    >>From: global:epropaganda [mailto:glob@lepropaganda.com]
    >>Sent: Thursday, February 09, 2017 12:21 PM
    >>To: ‚Daniel Illy‘
    >>Subject: RE: ELYA-49
    >>
    >>Moin, Herr Illy,
    >>
    >>danke für Ihre Mail. Ich bin immer wieder freudig überrascht, dass jemand –
    >>außer meiner Frau, bei der das eine eingespeicherte Startseite ist :) – meinen
    >>Blog liest :)
    >>
    >>>>>Die Sonne verschwindet und damit das Massezentrum unseres
    >>>>>Sonnensystems. <<< >>
    >>Das ist eben schon der erste Punkt gewesen, der einer Erklärung bedurft hätte.
    >>Eigentlich hieß es, sie sei ausgegangen. Aber wieso? Eine Sonne geht nicht
    >>einfach aus. Und wenn sie verschwindet – wieso? Eine Sonne verschwindet
    >>nicht einfach. Das macht eine Ehefrau, eine Socke in der Waschmaschine, der
    >>Autoschlüssel, das Geld auf dem Girokonto. Aber keine Sonne.
    >>Und auch wenn die Gründe für den Plot an sich nicht wichtig gewesen wären –
    >>es irritiert, dass das einfach so ohne ein Wort unterstellt wird. (Ich gehöre zur
    >>Fraktion, die dem Autorenuniversum Souveränität zu gewähren bereit ist – aber
    >>ein bisschen was mag ich dann schon wissen, um es zu verstehen .)
    >>
    >>>>>Die Erde bewegt sich völlig automatisch (aufgrund der Fliehkräfte)
    >>>>>aus unserem Sonnensystem heraus. Das Ganze habe ich übrigens
    >>>>>mathematisch berechnen lassen (das Programm heißt Universe Sandbox,
    >>>>>sehr zu empfehlen), das heißt das Überschreiten der alten
    >>>>>Umlaufbahnen (wie zum Beispiel des Uranus) ist völlig akurat. <<< >>
    >>Fein. Sehr fein. Aber immer noch nicht logisch. Haben Sie auch ausgerechnet,
    >>wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich die Erde durch diese Fliehkräfte
    >>ausgerechnet und regelrecht zielgerichtet auf eine denkbare Ersatzsonne zu
    >>bewegt? Auch wenn der Weg dorthin über 35.000 Jahre hinweg zurückzulegen
    >>ist? Von den Unwägbarkeiten unterwegs (gut, Thema für Band 2-5
    ) ganz zu
    >>schweigen? Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erde genau entgegengesetzt
    >>“wegswingt“, ist genauso groß.
    >>
    >>>>>Die Erdwärme wird übrigens doch genutzt (siehe Anlage in Sydney),
    >>>>>aber das ist nur ein kleines Detail. <<< >>
    >>Das Detail ist durchaus wichtig. Die Erdwärme entsteht ja im Erdkern, sie wird
    >>nicht von außen zugeführt. Das bedeutet, dass sie auf der Erdoberfläche auch
    >>ohne unsere Sonne niemals Temperaturen im Bereich des absoluten Nullpunkts
    >>haben werden. Klar – ob es 0° oder 20° oder 100° K sind, es ist arschkalt und
    >>eine lebensfeindliche Umgebung. Aber auch die nicht gezielte Nutzung der
    >>Erdwärme hätte sich in allen Stationen auswirken müssen.
    >>
    >>>>>Die angesprochene (und in Ihren Augen fehlende) Nachvollziehbarkeit
    >>>>>der Charakter finde ich interessant, nein, ich finde es super, dass
    >>>>>das Buch hier so unterschiedliche Reaktionen hervorruft. Schließlich
    >>>>>soll es ja auch etwas beim Leser selbst etwas auslösen.<<< >>
    >>Die Charaktere und ihre Beschreibung, ihre Gedanken- und Gefühlswelt nimmt
    >>halt einen großen Raum im Buch ein, wenn es nicht gar die Hauptsache ist.
    >>Insofern ist die Frage, wie schlüssig ihr Verhalten ist, nicht ohne Bedeutung.
    >>Und ich bin kein sehr nüchterner Mensch, eher im Gegenteil (wenn ich auch
    >>weiß, wo ich hintippen muss, um mein logisches kaltes Denken zu aktivieren
    >>
    ).
    >>
    >>Anna jedenfalls wäre, wenn sie eine wirkliche Süchtige wäre, gar nicht erst auf
    >>die Reise aufgebrochen. Es gab ja schon in Berlin-III Versorgungsprobleme mit
    >>Sunburn, die sie beunruhigten und noch viel mehr hätten beunruhigen müssen.
    >>Und eine 1600-km-Tour nach Italien, auf der sonst was passieren konnte – und
    >>ja auch passiert ist -, wird ein drogensüchtiger Mensch, dessen
    >>Hauptlebensproblem die Versorgung ist, gar nicht erst in Angriff nehmen.
    >>Und wenn doch, dann wegen so einer Lappalie nicht durch einen Selbstmord
    >>abbrechen. Eine Süchtige, die wirklich eine solche Reise auf sich hätte nehmen
    >>wollen, hätte sich auf ihre Freunde verlassen. Es ist für Süchtige keine Option,
    >>sich das Leben zu nehmen, um die Versorgungsproblematik zu lösen; die
    >>einzige Option ist, wirklich alles zu unternehmen, um die Versorgung
    >>wiederherzustellen und zu sichern. Alles. Aber ein Selbstmord gehört nicht
    >>dazu.
    >>
    >>Und Hannes‘ Samariteranfall in München ist gleichermaßen nicht logisch, auch
    >>nicht unter dem Gesichtspunkt als Reaktion auf Annas Selbstmord.
    >>Menschleben hegen, pflegen, retten, das hätte er problemlos auch in Berlin-III
    >>gekonnt, und Sammler hätte ihm wurscht sein können, weil er als einziger
    >>verbleibender Arzt (neben Anna vielleicht noch, die ja eigentlich auch nicht
    >>losgefahren wäre) zu wichtig gewesen wäre, als dass ein Faschist wie Sammler
    >>ihn aufs Spiel gesetzt hätte.
    >>Und auch als Retourkutsche Hannes‘ gegenüber Emil als Rache für dessen
    >>angebliche Schuld an Annas Selbstmord (auch so ein unlogisches Detail, sorry)
    >>funktioniert Hannes‘ Entscheidung, in München zu bleiben nicht.
    >>
    >>Aber gut.
    >>
    >>>>>Eine Frage noch in eigener Sache: Ihre Kritik an der Zeichensetzung
    >>>>>bezog sich wahrscheinlich auf die erste Auflage? Falls nicht würde
    >>>>>ich gerne um kurze Rückmeldung bitten. <<< >>
    >>Das weiß ich gar nicht. Das Buch war von einem Komiteekollegen des DSFP
    >>geliehen. Ich vermute allerdings die erste Auflage, denn wir sind im Komitee
    >>gerne recht fix bei der Beschaffung potenziell interessanter Bücher.
    >>
    >>>>>Ich habe das Buch mit sehr viel Aufwand nochmal zweitlektorieren
    >>>>>lassen, wäre schade, wenn jetzt noch die von Ihnen genannten Fehler
    >>>>>drin sein sollten. Falls dem so ist, müsste ich eine dritte Auflage
    >>>>>überdenken.<<< >>
    >>Es geht weniger um Lektorat, denn Korrektorat. Ich bin selbst als 1959er
    >>Jahrgang eigentlich Altrechtschreibler, als Kleinverleger (www.pmachinery.de)
    >>jedoch inzwischen auf die neue Rechtschreibung eingeschworen. Da die jedoch
    >>inkonsequenterweise viele Variationsmöglichkeiten anbietet, führt dies in
    >>meinen Augen in vielen Büchern – auch aus Profiverlagen – immer wieder zu
    >>rechtschreiberischen Inkonsequenzen. Sprich: „Mal so, mal so, ist ja alles
    >>erlaubt.“
    >>
    >>Bei meinen eigenen Büchern habe ich mich inzwischen seit vielen Jahren der
    >>Unterstützung einer Software – des Duden Korrektors, inzwischen gibt es eine
    >>Nachfolgefirma in München, die das Ding weiterentwickelt, nachdem
    >>Langenscheidt aufgegeben hat – und selbst das hilft ja nicht, wenn man sich
    >>selbst nicht konsequent verhält. Die Optionen der Software habe ich so
    >>eingestellt, dass ich mich in allen Fällen nach diesem Duden, und zwar nach den
    >>sogenannten „Duden-Empfehlungen“ richte. Was heißt: Auch wenn „Phantasie“
    >>mit „Ph“ noch erlaubt ist, ist es bei mir grundsätzlich „Fantasie“.
    >>
    >>Nach jahrelanger Korrektoratsarbeit für meine eigenen Bücher und Produkte
    >>anderer Kleinverleger ist es mir inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen,
    >>anders als normale Leser zu reagieren. Der normale Leser regiert auf Optik,
    >>Layout, Zeilendurchschuss, Schriftgröße, Aufrisse in Sätzen, weil keine
    >>Silbentrennung erfolgt ist. Usw. Und wenn auch manchmal nur unterbewusst.
    >>Ich reagiere zu allererst auf Tippfehler und Rechtschreibinkonsequenzen :)

  3. From: Daniel Illy [mailto:daniel.j.illy@googlemail.com]
    Sent: Wednesday, February 08, 2017 9:38 PM
    To: glob@lepropaganda.com
    Subject: ELYA-49

    Hallo,
    nun muss ich doch mal was zur Rezension von ELYA-49 schreiben. Erstmal danke für das Review, auch wenn ich mir sicherlich ein anderes Gesamturteil gewünscht hätte.
    Die Sonne verschwindet und damit das Massezentrum unseres Sonnensystems. Die Erde bewegt sich völlig automatisch (aufgrund der Fliehkräfte) aus unserem Sonnensystem heraus. Das Ganze habe ich übrigens mathematisch berechnen lassen (das Programm heißt Universe Sandbox, sehr zu empfehlen), das heißt das Überschreiten der alten Umlaufbahnen (wie zum Beispiel des Uranus) ist völlig akurat. Die Erdwärme wird übrigens doch genutzt (siehe Anlage in Sydney), aber das ist nur ein kleines Detail. Gut zu wissen, dass sie scheinbar einige noch offene Fragen so massiv gestört haben, ich werde das bei den Folgeprojekten entsprechend berücksichtigen.
    Die angesprochene (und in Ihren Augen fehlende) Nachvollziehbarkeit der Charakter finde ich interessant, nein, ich finde es super, dass das Buch hier so unterschiedliche Reaktionen hervorruft. Schließlich soll es ja auch etwas beim Leser selbst etwas auslösen.
    Eine Frage noch in eigener Sache: Ihre Kritik an der Zeichensetzung bezog sich wahrscheinlich auf die erste Auflage? Falls nicht würde ich gerne um kurze Rückmeldung bitten. Ich habe das Buch mit sehr viel Aufwand nochmal zweitlektorieren lassen, wäre schade, wenn jetzt noch die von Ihnen genannten Fehler drin sein sollten. Falls dem so ist, müsste ich eine dritte Auflage überdenken.
    Nochmals vielen Dank für Ihr Review und Ihre Rückmeldung auf meine Email.
    Herzliche Grüße
    Daniel Illy

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