Der Fünfte vom Kruse

Axel hat mich mit seinem »Glühsterne« ziemlich genervt. Nicht absichtlich, natürlich nicht. Als einer meiner p.machinery-Stammautoren – der treueste von allen, denke ich – hatte er natürlich gute Gründe, immer wieder nachzufragen, was nun gehen würde.
Dann packte ich das Buch an. Das Problem ist meine Arbeitsweise: Ich beschäftige mich mit einzelnen Büchern eigentlich erst dann wirklich, wenn ich beginne, das Korrektorat und Lektorat zu machen. Ich überfliege Manuskripte zuvor, ich lese sie an, ich bilde mir eine Meinung und treffe eine Entscheidung, aber mehr, als dass ich eine Meinung gebildet und eine Entscheidung getroffen habe, sagt das nicht.
Axels »Glühsterne« gefiel mir nicht. Sein Stil war grottig, unter aller Sau, Endzeit, ich dachte, so schlecht hat er noch nie geschrieben. Ich korrigierte – und lektorierte vor allem – eine ganze Reihe von Seiten (ich weiß nicht mehr, ob es 20 oder 40 waren, ist auch egal), schickte ihm das Ergebnis und versuchte, ihm klarzumachen, was mir nicht gefiel.
Er reagierte als Autor. Er hing an dem Buch, wie es war, er hatte auch keine Zeit, es neu zu schreiben, sähe auch nicht ein, warum er das tun solle, auf gut deutsch: »Fick dich ins Knie, ich such mir halt einen anderen Verlag.«
Das ging natürlich gar nicht. Und so traf ich eine Entscheidung, mir das Buch noch einmal vorzuknöpfen und meine eigenen Ansprüche völlig außen vor zu lassen. Ich nahm mir vor, ausschließlich zu korrigieren: Rechtschreibung, Tippfehler, evtl. noch den einen oder anderen Satzstellungslapsus. Und siehe da –
Es ging. Und lustigerweise stelle ich heute, da ich das Buch insgesamt drei Mal gelesen habe (Korrektor & Lektorat, Layout, Korrekturfahne auf Papier), fest, dass es mir gefällt. Wie es ist. Ohne Rechtschreibfehler, ohne Tippfehler. Aber auch ohne das, was ich mir ursprünglich vorgestellt hatte, beim Autor als die »Glühsterne« durchzusetzen, die ich in meinem Verlag veröffentlichen wollte.
Am Ende bin ich mir unsicher, wer nun recht hatte: der Autor oder ich. Ich weiß auch nicht, wer am Ende wirklich nachgegeben hat. Und schon gar nicht weiß ich, ob die Leser das Buch mögen werden. Ich habe meine eigenen Ansprüche in diesem Fall erfolgreich in den Arsch getreten und meinen Frieden mit diesem Buch geschlossen. Ich bin nicht sicher, wie ich es rezensieren würde, käme es aus einem anderen Verlag als Rezensionsexemplar zu mir, aber jetzt, in diesem Augenblick, da bin ich von diesem Buch so überzeugt, dass ich sogar erwarten würde, dass es eine Nominierung beim DSFP 2016 bekommen könnte – wenn die übrige Szene weiter so schwächelt, wie sie dies in den letzten Jahren des öfteren getan hat <g>.

Axel Kruse
GLÜHSTERNE
AndroSF 48
p.machinery, Murnau, Mai 2015, 216 Seiten, Taschenbuch
ISBN 978 3 95765 032 0 – EUR 8,90 (DE)