Flachlandfantasy

Sergej Lukianenko
TRIX SOLIER – Zauberlehrling voller Fehl und Adel
Beltz & Gelberg, 2010, Übersetzung a. d. Russischen: Christiane Pöhlmann, Hardcover, 581 Seiten, ISBN 978 3 407 81074 8

VORBEMERKUNG
Das Titelbild gefällt mir nicht. Überhaupt nicht. Ich weiß nicht, was das für ein Stil ist (Jugendstil jedenfalls nicht), ich weiß aber, dass er mir nicht gefällt. (Hingegen gefällt mir, dass die Übersetzerin das Buch aus dem Russischen direkt in die neue deutsche Rechtschreibung übersetzt hat; das wird auch im Impressum vermerkt. Hübsche Idee, so was.)
Mein erster Lukianenko. Der erste Wächter-Film hat mir gefallen; die anderen nicht. Bei dem ganzen Hype um den Mann, hatte ich Erwartungen. Immerhin – der beste russische Fantasyautor? Wow! Wie schlecht müssen die anderen sein …
Aber der Reihe nach.

WORUM GEHT ES?
Die Geschichte ist einfach, fast klassisch. Trix Solier ist Sohn eines Co-Herzogs, dessen Vater, eben der Co-Herzog, mitsamt der restlichen Familie bei einem Putsch des anderen Co-Herzogs ums Leben kommt. Trix’ Leben wird verschont, aber einfacher wird es dadurch nicht. Im Gegenteil. Nachdem Trix sich einen Knappen suchte, der ihn im Stich lässt, bewirbt er sich bei einem Ritter als Knappe; der Ritter liegt mit einem Magier in Fehde, und Trix endet als Zauberlehrling bei diesem Magier. Mit vielen Haken, Ösen, Drehungen und Wendungen gelingt Trix letztlich das zu vollenden, was er von vornherein im Sinn hatte: seine Rache.

WIE IST DER STIL?
Gut. Lukianenko ist natürlich ein Profi, und Frau Pöhlmann macht in ihrer Übersetzung an keiner Stelle den Eindruck, als hätte sie nicht gewusst, was sie tut. Für einen Fantasyroman mittelalterlich-ritterlicher Prägung – mit Magieeinsprengseln – ist die Sprache angemessen bis einen Ticken zu locker-flockig; letzteres jedoch ist Absicht, wie schnell unschwer zu vermuten ist. Insgesamt liest sich das Werk angenehm leicht, schwungvoll, etwas seichte Unterhaltung für zwischendurch.

WAS GEFIEL NICHT?
Und genau das gefiel mir nicht. Das Buch hinterlässt keinen Eindruck. Es gibt keine Spannungskurve, es gibt keine Rätsel, keine Action, es gibt nichts, was einen wirklich dazu motiviert, weiterzulesen – außer, wenn man versprochen hat, eine Rezension zu schreiben. Das ganze Buch ist seichtes Dahingeplätscher vorhersehbarer Ereignisse, weil man die so oder so oder auch ein wenig anders schon x-mal gelesen hat, und Lukianenko gewinnt der Gesamtheit seines Werkes keine neue Facette ab. Da ist jede Folge des »Bullen von Tölz« spannender, und selbst die Schmalzdramatik einer Rosamunde Pilcher mehrfach beeindruckender.

WAS GEFIEL?
Zugegebenermaßen gibt es – neben dem Schreibstil – eine Reihe von netten Gags, aber viele sind es ihrer nicht. Am herausragendsten – und einzig in Erinnerung bleibend – ist das Geschäftsmodell eines Dieners, das er, der Diener, dem Zauberer erfolgreich zu verkaufen sucht: Es handelt sich dabei um nichts anderes als das McDonalds-Business, auf mittelalterlich getrimmt. Das hat mir gefallen.

EIN PAAR ZITATE GEFÄLLIG?
Abgesehen von dieser Geschäftsmodellbeschreibung, die für ein Zitat zu umfangreich wäre, gab es einige nette Textstellen, die ich mir jedoch nicht gekennzeichnet habe, weil für mich nach einer kurzen Weile recht klar war, dass ich letztlich nur einen annähernden Verriss würde schreiben können. Insofern hat der Leser dieser Rezension, der dieses Buch nicht lesen wird, auch nichts verpasst.

ZU EMPFEHLEN?
Für Lukianenko-Fans und -Sammler möglicherweise ja. Für Fantasy-Fans mit masochistischer Ader vielleicht auch. Für Leute, die ein Buch lesen, um sich zu unterhalten, um Spannung, Action, Abenteuer, Mystery, was auch immer an außergewöhnlichen, nicht alltäglichen Dingen zu erhalten und davon zu lesen: nein.

NOCH WAS?
Der Buchrücken verkraftet selbst bei schonendster Behandlung – wie sie mir zu eigen ist – eine einmalige Lesung nicht. Nachher ist er schief, weil meinen: Wenn das Buch plan auf dem Tisch liegt, hat es nach rechts einen »Überbiss«.

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Diese Rezension ist auch erschienen in MAGIRA – JAHRBUCH ZUR FANTASY 2011, hrsg. von Hermann Ritter und Michael Scheuch, und zum Preis von EUR 14,90 zu bestellen auf www.magira-jahrbuch.de.

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