Musik, zum Weinen schön II

In dieser Beziehung ist mein Gemüt einfach gestrickt. Es braucht keine besondere Instrumentierung. Es braucht keine Stars. Es braucht keine Erinnerungen – oder doch, die manchmal schon, nicht unbedingt, aber sie hindern nicht. Es braucht vor allem keine schwulstig-gefühlvollen Texte.
Musik, die mich weinen macht, ist fröhliche Musik. Strandmusik. Musik, die mich an Sonne erinnert. An Sand. Inseln. Einen weiten Horizont. Es ist schon eine Art von Musik, die sich sehr ähnlich ist. Die zueinander gehört. Eine Musik, die etwas mit Meer, Sonne, Licht, Luft, mit Freiheit zu tun hat – oder jedenfalls mit dem, von dem auch ich glaube, dass es Freiheit ist.
Es ist vor allem keine alte Musik. Selbst die guten alten Hawaii-Schinken von Elvis Pressluft bringen mir nicht die Andeutung eines solchen Gefühls. Vielmehr ist es Café del Mar. Oder Titel, die ich schon auflistete. Moderne Musik, Trance, House, Spielarten davon. Remixe von Titeln, die ganz andere, viel ältere Erinnerungen hervorrufen: »Magnum p.i.« ist eine Serie, die ich immer liebte, die ich aber nicht nur mit meiner Jugend verbinde, sondern auch mit Inseln, mit Hawaii, obwohl ich Hawaii noch nicht gesehen habe. Die Remixe des »Themes« sind musikalisch vielleicht nicht bemerkenswert, aber sie erinnern mich. Selbst mein Blackberry klingelt mit diesem Thema.
Musik, die mich weinen macht, ist den meisten anderen Menschen, die ich kenne, nicht nur schnurz, sie halten sie nicht mal für Musik. Das ist okay. Auch die ganz Schlimmen, die mich für meinen »Musikgeschmack« verurteilen, müssen mit ihrer eigenen Musik leben, die sie dann eben weinen macht.
Für mich hat die Musik, die mich weinen macht, weil sie für mich so schön ist, dass es sich lohnt, zu weinen, immer etwas mit einem recht alten Traum zu tun. Dem Traum von einem Hubschrauberflug über einen Strand. Kein fiktional-fantastisches Schweben aus eigener Kraft. Es muss ein Hubschrauber sein, nicht wegen des Krachs, den er macht, gerade eben nicht, sondern wegen seiner Beeinflussbarkeit, seiner Handhabbarkeit, der Möglichkeit, Herr über diese so unmenschliche Bewegung zu sein. In der Luft. Dicht über einem Strand. Der sich kilometerlang hinzieht, ohne Ende da hinten, ohne Ende da vorn. Und immer diese Musik dazu.
Und manchmal gibt es noch eine Idee. Die ganz profane Idee – wenn auch ohne Gewinnerzielungsabsicht – auf einer Insel eine Diskothek zu eröffnen. In einen Felsen hineingebaut, die Öffnung auf das Meer hinausblickend. Und diese Musik hinauszuschicken, über das Meer, wo auch immer hin –

Es gibt nicht nur Träume. »Counting Down The Days‹ von den Sunfreakz (feat. Andrea Britton) ist ein Titel, der auf Malta gespielt wurde, als ich 2007 meinen Gozo-Urlaub ganz allein dort verbrachte. Eine Zeit besonderer Erlebnisse, besonderer Gefühle. Und eine Zeit für besondere Erinnerungen. Die nicht nur bei diesem Titel zurückkehren, eben. Aber bei diesem ganz besonders.

Die Liste der Musik, zum Weinen schön, würde nie vollständig sein. Es gibt Titel, die man zu selten hört, die man nicht notieren kann, wenn sie gerade laufen, die einen dennoch berühren, aber nie wieder Gelegenheit dazu haben. Die Liste der Titel, die ich noch kaufen und herunterladen muss – ich bin ein MP3-Käufer, ja –, ist lang, und es fehlt nicht am Geld, das lächerlich ist, wenn man es aufaddiert, sondern an der Zeit, all die Titel zusammen zu suchen und herunterzuladen.
Aber es ist angenehm zu wissen, dass es solche Musik immer geben wird. Und immer einen Grund, sie zum Weinen schön zu finden.

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